Trauerbewältigung - Eine tröstliche
Briefmarke
Mit dieser doppelten Überschrift ist kurz
und doch eindringlich die Briefmarke der
Deutschen Post
vom 13. Oktober 201I vorgestellt, die
Trauermarke genannt wird. Sie zeigt als
Motiv drei weiße
Callablumen, daneben die Wertangabe und
darunter einen schwarzen Rand mit der
Zähnung.
Die Calla-Blume ist ein traditionelles
Symbol für Teilnahme an der Trauer von
Mitmenschen und
dient vielfach als Dekoration von Kränzen
und Trauergestecken. Sie ist aber auch ein
Zeichen für edle
Schönheit bei Menschen, in der Natur und
deren Bewunderung als Gottes Schöpfung. So
gehört die
Trauermarke der Deutschen Post durchaus
auch in das Sammelgebiet von Briefmarken
mit religiösen
Motiven. Trauer ist Ausdruck von
seelischem Schmerz, dessen Überwindung vor
allem auch durch
religiöse Verrichtungen gelindert wird.
Alle Religionen kennen Handlungen und
Zeremonien, die der
Bewältigung von Trauer dienen. Das Wort
"Trauerfeier" ist geläufig, und zum
bedrückenden Nachteil
kann es werden, wenn Menschen zum Trauern
nicht fähig sind. Im christlichen Bereich
gibt es viele
Beispiele in Gebeten und Liedern für eine
tröstliche Trauerbewältigung.
"Traurigkeit und "Herzeleid" werden in alten Texten
zusammenhängend genannt - z. B. im Lied 188,
"O Traurigkeit, o
Herzeleid".
Trauergottesdienste gehen den Beerdigungen
voraus oder folgen ihnen. In der Besinnung
auf Leiden
und Tod Jesu werden in der Karwoche
"Trauermetten“ gehalten.
In manchen Religionen - auch
Weltreligionen - geraten die oftmals
pompösen jährlichen Trauerfeiern
für lange schon verstorbene Gründer,
Stifter, Heilige und Märtyrer zu
Massenveranstaltungen mit
leider auch gewalttätigen Ausschreitungen
und fanatischen Demonstrationen gegen
andere religiöse
Gemeinschaften.
Solche und ähnliche Entartungen sprechen
aber nicht gegen eine angemessene
Trauerkultur in der
Welt. Kritikwürdige Erscheinungen gibt es
auf diesem Gebiet auch in anderen
Zusammenhängen. So
hörte und las man in der Zeit des Zweiten
Weltkriegs bei uns oft von "stolzer
Trauer“, wenn ein
Familienmitglied als Soldat an der Front
gefallen war: "Für Führer, Volk und
Vaterland".
Die Herausgabe
einer Trauermarke der Deutschen Post kommt
auch der Tatsache entgegen, dass sich
immer mehr Vereinigungen bilden in denen
gemeinsame Trauerbewältigung -
"Trauerarbeit" -
geleistet wird, besonders auch mit
kirchlich-religiöser Begleitung. Deshalb
sollte die Trauermarke
möglichst lange in allen Poststellen zu
haben sein, vielleicht sogar gedruckt auf
einem entsprechenden
Umschlag mit Karte als so genannter "Plusbrief". Vorgesehen ist wohl eine
weitere Trauermarke zum 1. März 2012.
Sicherlich ist die neue Trauermarke, wie
es auch offiziell von der Deutschen Post,
Niederlassung Philatelie, Weiden in der
Oberpfalz, heißt, "erstmals" als solche
vom Bundesministerium der Finanzen im Jahr
2011 herausgegeben worden, "damit der
Absender eines Trauerbriefs seine
Anteilnahme auch durch die Wahl der
Briefmarke zum Ausdruck bringen kann".
Dabei ist aber daran zu erinnern, dass
nach dem Tod von Reichspräsident Paul von
Hindenburg und Benckendorff am 2. August
1934 Briefmarken des Deutschen Reiches mit
seinem Porträt herausgegeben wurden, deren
Zähnung als Trauerrand schwarz gedruckt
war (Mi 548-553).
Die schwarze Farbe ist ja ein Zeichen der
Trauer, was auch durch den schwarzen
Strich oder Balken am unteren Rand der
Trauermarke ausgedrückt wird. Symbolisch
kann man auch an ein Grab denken, aus dem
die Blumen als Zeichen des Trostes in der
Trauer wachsen.
Kulturgeschichtlich wird aber, nicht nur
im Zusammenhang mit Trauer, das feierliche
Schwarz abgeleitet von der ganz dunklen
roten Purpurfarbe, die an den Gewändern im
Römischen Reich nur den allerhöchsten
Personen zustand.
Biblisch wird darauf Bezug genommen im
Bericht über die Verurteilung und
Verspottung Jesu, so bei Matthäus 27,27
ff., auch bei Markus und Johannes (15,16
ff. bzw. 19,2, 3 und 5). Hier heißt es,
dass die Soldaten des Pilatus den zur
Kreuzigung verurteilten Jesus auszogen,
ihm einen Purpurmantel, ein Purpurgewand,
umlegten, eine Dornenkrone aufsetzten und
ihm einen Rohrstock in die rechte Hand
gaben. Dann beugten sie die Knie vor ihm
und sprachen: "Heil dir, König der Juden!"
(Johannes). Pilatus selbst stellte ihn so
vor: "Seht da ist der Mensch" – "Ecce
homo!"
Mit diesem erschütternden Geschehen, sogar
noch durch Anspucken des Wehrlosen, wird
geschildert, dass der Purpurmantel, wohl
aus der Lumpenkiste der römischen Kaserne,
ein königliches Gewand war. Hier
allerdings in der perversen Form zur
entwürdigenden Verspottung eines Menschen
benutzt!
Das Bild des "Schmerzensmanns" ist in der
Kunst, vor allem aber in der Verehrung des
leidenden Heilands bekannt. Auch in den
Gebeten und Liedern zur Passionszeit kommt
dies eindringlich und ehrfürchtig zum
Ausdruck, besonders im Lied von Paul
Gerhardt "O Haupt voll Blut und Wunden …"
von 1656. Aber wenn gerade
dieses Lied auch nachhaltig christliche
Trauer verdeutlicht, so klingt in ihm doch
ebenfalls der starke Glaube an die
Erlösung von irdischer Traurigkeit und
menschlichem Leid an. Und genau hier mag
die schöne Trauermarke der Deutschen Post
zur Überwindung und Bewältigung von Trauer
beitragen. Damit wird sie dann sogar zum
Motiv für den österlichen Glauben an die
Auferstehung der Toten zu einem ewigen
Leben bei Gott, in dem es keine
Traurigkeiten mehr gibt.
Das meint dann ausdrücklich auch der
Apostel Paulus, wen er in seinem ersten
Brief an die Christen der Stadt
Thessalonich, dem heutigen Saloniki in
Griechenland schreibt: "Brüder, wir wollen
euch über die Verstorbenen nicht in
Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert
wie die anderen, die keine Hoffnung haben.
Wenn Jesus – und das ist unser Glaube –
gestorben und auferstanden ist, dann wird
Gott durch Jesus auch die Verstorbenen
zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen …
Tröstet also einander mit diesen Worten"
(1 Thess 4, 13 f. und 18).
Msgr. Paul Neumann
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