Naumburg und der Naumburger Meister
Das Saale-Unstrut-Triasland liegt im
südlichen Sachsen-Anhalt, dort wo die
Unstrut in die Saale mündet. Die
Kalksteinhänge der Flussläufe sind reich
an Orchideen und zahlreiche Burgen und
Kirchen erinnern an das Rheintal, denn
auch der Weinanbau ist hier zu Hause. Es
ist uraltes Siedlungsgebiet, wie die
Himmelsscheibe von Nebra beweist. Bei Bad
Kösen erheben sich hoch über dem Fluss die
romanische Burg Saaleck und die
Rudelsburg, oft von den Romantikern
besungen, wie das Lied "An der Saale
hellem Strande" belegt.
Rudelsburg und Burg Saaleck liegen auf den
Felsen über der Saale bei Bad Kösen.
Die mächtige Neuenburg erhebt sich über
den Weinbergen von Freyburg. Sie ist eine
Burg der Thüringer Landgrafen. Als
Gründung Ludwig des Springers, der auch
die Wartburg errichten ließ, sicherte sie
die Nordgrenze des Landes. Von besonderer
kunsthistorischer Bedeutung ist die
romanische Doppelkapelle,
Die Neuenburg bei Freyburg an der Unstrut
übertrifft ihre Schwesterburg, die
Wartburg, an Größe um ein Vielfaches.
Wegen der zahlreichen Burgen hat der
Landkreis auch die Bezeichnung
Burgenlandkreis. Auch die
Kirchenlandschaft ist durch herausragende
Beispiele vertreten, wie das
Zisterzienserkloster Pforta zwischen Bad
Kösen und Naumburg und die Dome von Zeitz.
Merseburg und Naumburg.
Das Zisterzienserkloster Pforta und der
Dom zu Merseburg gehören zu den Stationen
der Straße der Romanik.
Alle diese Bauwerke werden durch die
Straße der Romanik miteinander verbunden.
Bei der UNESCO läuft auch ein Antrag, das
ganze Gebiet als Weltkulturerbe
anzuerkennen.
Mittelpunkt des Triaslandes ist die Stadt
Naumburg. Schon aus großer Entfernung
sieht man die Türme des Domes über dem Tal
aufragen.
Die Stadt wurde wahrscheinlich von
Marktgraf Ekkehard I., der 1002 ermordet
worden ist, gegründet. Er war in der
Anfangszeit der mächtigste Mann an der
deutschen Ostgrenze und verlegte seinen
Sitz auf das rechte Saaleufer in das Land
der Slawen und gründete die Neueburg, aus
dem Naumburg wurde. Seine Söhne Hermann
und Ekkehard II. gründeten ein Kloster als
Begräbnisstätte der Familie. Aufgewertet
wurde die Stiftskirche im Jahre 1028, als
Papst Johannes XIX. die Verlegung des
Bischofssitzes von Zeitz nach Naumburg
genehmigte. Die Stadt war nun nicht nur
Sitz der Ekkehardiner sondern auch des
Bischofs, sie beherbergte weltliche und
geistliche Macht.
Obwohl der romanische Dom St. Peter und
St. Paul mehrfach erweitert worden ist,
wurde 1213 mit einem Neubau begonnen.
Wahrscheinlich war der alte Dom nicht
repräsentativ genug. Man begann den Bau im
spätromanischen Stil, doch um 1245 setzte
sich die Gotik, der neue aus Frankreich
gekommene Baustil durch. So sind bis heute
große Teile des Domes romanisch, während
andere gotisch sind. Das Langhaus mit
Querschiff, Chorquadrat und den
Unterteilen der vier Türme sind noch
spätromanisch. Die Obergeschosse der Türme
sind bereits frühromanisch und der Ostchor
entstand erst in der Spätgotik.
Der Dom zu Naumburg beherrscht das Bild
der Stadt. Eine Besonderheit stellen die
zwei Chöre dar. Der übliche Ostchor, den
jede Kirche besitzt, beherbergt den Altar.
Er ist spätgotisch und wird durch einen
spätromanischen Lettner vom Langhaus
abgetrennt. Der frühgotische Westchor
entstand, weil für die Landgrafen eine
Gedenkstätte der Stifter geschaffen werden
sollte. Auch er wird durch einen Lettner
vom Langhaus getrennt. Dieser Lettner
gehört zum Besten was es in Deutschland an
gotischen Bildhauerarbeiten gibt. Die
berühmten Stifterfiguren und der Lettner
wurden vom Naumburger Meister geschaffen.
Der Künstler ist uns nicht namentlich
bekannt. Er wurde nach seinem Hauptwerk
benannt. Dieser Meister muss auch der
Baumeister des Chores gewesen sein.
Stilistisch kann man ihn bis nach
Frankreich zurückverfolgen. Seine ersten
Stationen waren wahrscheinlich Straßburg,
Metz, Reims, Amiens und Noyon denn dort
gibt es Statuen, die man ihm zuordnen
kann. Dann lässt sich sein Weg über den
Westlettner in Mainz, über Bassenheim bis
nach Naumburg verfolgen. Auch der Dom zu
Merseburg beherbergt ein Werk von ihm.
Seine letzte Station war der Dom zu
Meißen. Mit ihm kam die Kunst der neuen,
französischen Kathedralgotik nach
Deutschland.
Auf dem Westlettner stellt er
eindrucksvoll die Passion Christi dar. Die
realistischen, bewegten Darstellungen
zeigen die ganze Dramatik der Geschichte.
Die reichlichen Farbreste zeigen, dass im
Mittelalter die Steinfiguren durchaus bunt
gefasst waren.
Der Westchor wird auch als das
großartigste Werk der frühen Gotik
bezeichnet.
Er beherbergt die acht
Stifterfiguren, die auf Konsolen an den
Pfeilern stehen. Die beiden Hauptstifter
Ekkehard II. und Hermann wurden mit ihren
Frauen Uta und Regelindis als Paare
dargestellt. Dazu kommen die Grafen
Dietmar, Syzzo, Wilhelm und Thimo mit
ihren Frauen, die einzeln aufgestellt
worden sind.
Die Stifterfiguren im Westchor wurden vom
Naumburger Meister geschaffen. Besonders
bekannt ist Uta von Naumburg,
beziehungsweise von Ballenstedt, wo sie
herstammte. Den Kragen halb
hochgeschlagen, strahlt sie vornehme
Zurückhaltung aus. Sie kann als das
Schönheitsideal des Mittelalters gelten.
Regilindis dagegen lächelt schelmisch. Der
Künstler muss ein Genie gewesen sein, um
diese Charaktereigenschaften so gekonnt
auszudrücken.
Literaturauswahl:
Bartmuß u.a., Straße der Romanik, Leipzig
1994; Heinzelmann, Naumburg – Stadtführer,
Wernigerode 1995; Kröner, Naumburg, der
Domstadtführer, Dössel 2005; Schubert,
Naumburg, Dom und Altstadt, Leipzig 1983;
Schubert, Der Dom zu Naumburg, Berlin
1975; Schubert, Der Dom zu Naumburg,
München, Berlin 1993; Schmidt, Auf der
Straße der Romanik, Wernigerode 2000
Dietrich Ecklebe |