St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Juli-GABRIEL 2011

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Autun und seine Kathedrale St. Lazare

Die am 16. Mai 2011 von der französischen Post ausgegebene Briefmarke für die Stadt Autun in Burgund zeigt eine Stadtansicht mit der Kathedrale St. Lazare, rechts Mauerreste aus der Römerzeit und zwei Statuen aus dem Museum.
Zu Beginn unserer Zeitrechnung wurde Autun die „Schwester und das Abbild Roms“ genannt, zumal sie ihren Namen „Augustodunum“ dem Kaiser Augustus verdankt, der mit ihrer Gründung den gallischen Stamm der Aeduer ehren und an Rom binden wollte. So waren die Aeduer auch die ersten Gallier, die in den römischen Senat aufgenommen wurden.
Im Mittelalter erlebte die Stadt einen neuen Aufschwung, insbesondere durch die Rolle, die der burgundische Kanzler Nicolas Rolin spielte, der Gründer des berühmten Hospizes in Beaune, der 1376 hier geboren wurde. Auch auf dem Gipfel seiner Macht vergaß er nicht seine Geburtsstadt; sein Sohn, Kardinal Rolin, war hier Bischof und machte die Stadt zu einem religiösen Zentrum.
Zu Beginn des 12. Jh. beschlossen die Bischöfe von Autun, die bereits über eine Kathedrale verfügten, den Bau eines neuen Gebäudes, das die Reliquien des hl. Lazarus aufnehmen sollte, die Gérard de Roussillon 930 aus Marseille mitgebracht hatte. Es sollte so ein Wallfahrtszentrum entstehen, das mit der Magdalenenbasilika in Vézelay rivalisieren konnte. Die neue Kathedrale wurde zwischen 1120 und 1146 erbaut und schon 1130 vor ihrer Fertigstellung von Papst Innozenz II. geweiht.
Das Äußere der Kirche hat sein romanisches Aussehen verloren: der 1469 durch Brand zerstörte Turm wurde im 15. Jh. gotisch wiedererbaut. Aus der gleichen Epoche stammen der obere Teil des Chors und die rechten Seitenkapellen, die linken aus dem 16. Jh. Die beiden Fassadentürme sind von Paray-le-Monial beeinflusst und wurden im 19. Jh. im Zuge größerer Restaurierungsarbeiten hinzugefügt, obwohl (oder weil?) die Arbeiten von Viollet-le-Duc, dem großen Restaurator mittelalterlicher Bauwerke, beaufsichtigt wurden.
Auch im 18. Jh., also vor der Französischen Revolution, hatte die Kirche schon größere Schäden erlitten; die Kanoniker des Domkapitels ließen den Lettner abreißen, ebenso das Tympanon des Nordportals und das Grab des hl. Lazarus, das sich hinter dem Hochaltar befand. Das Tympanon des Hauptportals, heute mit der Hauptanziehungspunkt aller Besucher, fanden sie grotesk und ließen es vergipsen. Bei dieser Operation wurde der Christuskopf (Christus der Weltenrichter), der zu weit herausragte, einfach abgeschlagen. Das hatte insofern sein Gutes, als das Tympanon die Revolutionswirren unbeschadet überstand und 1837 wieder entdeckt und freigelegt wurde. Der Kopf wurde unter den Schätzen des Rolin-Museums gefunden und fand 1948 wieder seinen angestammten Platz.

Dieses Tympanon wurde zwischen 1130 und 1135 geschaffen und zählt zu den Meisterwerken der romanischen Skulptur. Sein Schöpfer Gislebertus hat seinen Namen am oberen Rand des Türsturzes, unter den Füßen Christi verewigt.
Es stellt das Jüngste Gericht dar und ist trotz seiner offensichtlichen Komplexität eine wohlgeordnete Komposition. In der Mitte thront Christus als Allherrscher in einer Mandorla, die von vier Engeln gehalten wird. Dem Erzengel Michael steht Satan gegenüber, die Hölle nimmt nur einen geringen Platz ein. Im Himmel finden wir Apostel, Maria über dem Himmlischen Jerusalem, und auf dem unteren Band die Seligen und die Verdammten, unter den Seligen zwei Pilger, kenntlich an der Jakobsmuschel der eine und am Jerusalem-Kreuz der andere.
Pfeiler und Wölbungen des Innenraums stammen aus dem 12. Jh. Herausragend sind die Skulpturen der Kapitelle, die Szenen des Alten und des Neuen Testaments darstellen. Zu den bekanntesten Kapitellen, die heute in einem kleinen Museum auf der rechten Empore zu sehen sind, gehört das der Anbetung der Drei Weisen, dann das, auf dem der Engel den Drei Weisen im Traum erscheint und das Kapitell mit der Flucht nach Ägypten, auf dem Joseph und der Esel mit Maria und dem Jesuskind auf vier Rädern ihres Weges ziehen.

Dr. Gerhard Teschner

Stand: 13.09.2011       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.