St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem April-GABRIEL 2011

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Was glauben Lutheraner von Maria?

"Ich sammle Madonnen-Marken," erzählte mir ein älterer Amtsbruder. Ich war erstaunt. Ein lutherischer Pfarrer und Madonnen-Marken - wie passt das zusammen? Madonnen sind doch "katholisch", oder? Aber was glauben Lutheraner eigentlich von Maria? Viele evangelische Christen können zwar sagen, was Maria nicht ist. Es geht aber darum, was und wer die Mutter Jesu ist. Wenn "evangelisch" "evangeliumsgemäß" bedeutet, dann sollten Evangelische wenigstens das wissen und glauben, was im Evangelium, der Heiligen Schrift, von Maria bezeugt ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger! So tun es die Bekenntnisse der Lutherischen Kirche. Viel wissen wir nicht von Maria. Weder ob sie "ein armes, verachtetes Mägdlein" war, wie Luther meinte, noch ob sie im Tempel von Jerusalem erzogen wurde, wie einige Legenden erzählen. Wichtig ist vor allem das, was Maria durch ihren Sohn Jesus ist. Und umgekehrt gilt: Wegen ihres Sohnes ist wichtig, was Maria ist.
 

Die Gottesgebärerin

Als es in den ersten Jahrhunderten der Kirche darum ging, in Worte zu fassen, wer Jesus Christus ist, formulierte das Konzil von Ephesus (431 n. Chr.): Maria hat Gott geboren, ihr gebührt der Titel "Gottesgebärerin" oder "Mutter Gottes". So steht es auch in den Bekenntnisschriften der Lutherischen Kirche. Ihnen lag nichts ferner, als die Entscheidungen der ersten Konzilien anzufechten. In der Konkordienformel* von 1580 heißt es: "Wir glauben, lehren und bekennen, dass Maria nicht einen bloßen, pur lautern Menschen, sondern den wahrhaftigen Sohn Gottes empfangen habe, darum sie auch mit Recht die Mutter Gottes genannt wird und auch wahrhaftig ist." Eigentlich soll mit der Bezeichnung "Gottesmutter" gar nicht Maria verherrlicht werden; damit wird vielmehr das Bekenntnis zur Gottheit Jesu unterstrichen. "Gottesmutter" ist also ein christologischer, d.h.: auf Christus bezogener Titel.
 

Jungfrauengeburt

Um Christus geht es auch beim Thema "Jungfrauengeburt". Die Evangelisten Lukas und Matthäus bezeugen unzweideutig, dass Maria den Sohn Gottes nicht auf natürlichem Wege empfangen hat, sondern durch den Heiligen Geist. Im Gottesdienst bekennen wir: "geboren von der Jungfrau Maria." Mancher hat damit seine Schwierigkeiten. So bestreitet ein Großteil der evangelischen Theologen die Tatsache der Jungfrauengeburt. Warum eigentlich? Der allmächtige Schöpfer ist doch nicht durch die Naturgesetze und auch nicht durch die Grenzen unseres menschlichen Verstandes gebunden. Natürlich glauben bekenntnistreue Lutheraner an die Jungfrauengeburt. Dazu heißt es in der Konkordienformel: "... der Sohn Gottes hat seine göttliche Majestät auch im Mutterleibe erzeiget, dass er von einer Jungfrau in ihrer unverletzten Jungfrauschaft geboren ist; darum ist sie wahrhaftig Gottes Mutter und gleichwohl Jungfrau geblieben."  Luther selbst formuliert in den Schmalkaldischen Artikeln*: ".. dass der Sohn vom Heiligen Geist ohn männlich Zutun empfangen und von der reinen, heiligen, allzeit jungfräulichen Maria geboren sei."
 

Marienverehrung

Maria ist als Mutter Gottes also auch für lutherische Christen die "der allerhöchsten Ehren Würdigste" (Apologie*). Das bedeutet nun aber nicht, "Maria anzubeten". Um es klarzustellen: nach offizieller Lehre sollen auch römisch-katholische Christen Maria nicht im Sinne einer göttlichen Verehrung anbeten. Man soll sie lediglich um Hilfe und um Fürsprache bei ihrem göttlichen Sohn "anrufen". Das tun die Lutheraner nicht. Die Reformatoren glaubten aber, dass Maria bei Gott für die Kirche bittet, wie es andere vollendete Gerechte auch tun: "Ob nun gleich Maria, die Mutter Gottes, für die Kirche bittet, so ist doch das zu viel, dass sie sollte den Tod überwinden, dass sie vor der Gewalt des Satans uns behüten sollt. Denn was wäre Christus not, wenn Maria das vermöchte?" (Apologie). Hier ist für Lutheraner die Grenze der Marienverehrung markiert. Maria ist nicht "Miterlöserin". Den Reformatoren kam es darauf an, dass Maria nicht an die Stelle Christi tritt. Ein Unterschied zur römisch-katholischen Kirche besteht auch beim Dogma von der "Unbefleckten Empfängnis Mariens", das 1854 verkündet wurde. Es besagt, dass schon Maria ohne Erbsünde empfangen und geboren wurde. Dies Dogma lehnen die Lutheraner ab, ebenso das Dogma von der "leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel" von 1950. Man mag den 15. August als Gedenktag Mariens begehen, wie es die Orthodoxen und sogar einige Lutheraner in den USA  tun. Im Neuen Testament ist von einer "Himmelfahrt Mariens" aber nichts gesagt.

Es wäre allerdings
sehr zu wünschen, dass die lutherischen Christen wenigstens jene Marientage wieder mehr beachten, die von der Heiligen Schrift her zu begründen und die im liturgischen Kalender der Lutherischen Kirche verzeichnet sind: Mariä Reinigung oder Darstellung des Herrn (2. Februar), Mariä Verkündigung oder Ankündigung der Geburt des Herrn (25. März) und Mariä Heimsuchung (2. Juli). An allen drei Festen steht uns Maria als Vorbild eines von Gott begnadeten Menschen vor Augen, Ebenso ist sie für uns ein Vorbild im Glauben, ein Vorbild im Gehorsam und ein Vorbild im Lob Gottes. Ihr Lobgesang, das "Magnificat", hat auch in der Lutherischen Kirche seinen festen Platz im liturgischen Abendgebet. Wenn also Lutheraner Maria in Ehren halten, dann tun sie es um ihres göttlichen Sohnes willen. Sie "Mutter Gottes" zu nennen, heißt, ihren Sohn als wahren Gott zu bekennen.

 * Die Apologie (1530), die Schmalkaldische Artikel (1537) und die Konkordienformel (1580) sind zusammen mit der Augsburgischen Konfession (1530) und Luthers Katechismen (1529) die grundlegenden Bekenntnisschriften der Lutherischen Kirche. In bekenntnistreuen lutherischen Kirchen werden die Pastoren bei ihrer Ordination auf deren Lehrinhalte bindend verpflichtet. 

 Dr. Andrea Grünhagen / Helmut Koopsingraven

Stand: 01.04.2011       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.