St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Februar-GABRIEL 2011

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Zwei Kirchen in Dänemark

Unser dänischer Freund Thommy Jeppesen ließ uns vor einiger Zeit eine Beschreibung der Liebfrauenkirche in Kopenhagen zukommen, die auf einer 1976 ausgegebenen Marke (Mi 618) zu sehen ist.

Vor Frue Kirke, die Marienkirche, ist eine der ältesten Kirchen der Stadt, wenn nicht die älteste. Sie wurde zum ersten Mal am Ende des 12. Jh. erwähnt, als Bischof Absalon an ihrer Stelle eine Steinkirche bauen ließ, wahrscheinlich als Nachfolgerin einer früheren Holzkirche. Die Kirche wurde unter seinem Nachfolger auf dem Bischofssitz von Roskilde, Peder Sunesøn (Bischof 1190-1214), fertiggestellt. Im Lauf der Jahrhunderte wurde sie mehrfach in Mitleidenschaft gezogen, durch äußere Feinde und Feuersbrünste. So wurde sie 1248 von den Lübeckern verbrannt, dann brannte sie wieder 1314 ab, zum vierten Mal, sagt die Inschrift eines Tympanons. Unter Erik Merved wurde sie erneuert und 1320 geweiht; 1368 wurde sie erneut von den Lübeckern geplündert. Der große Turm der Kirche wurde unter der Regierungszeit des Königs Hans errichtet. Alle dänischen Könige und Königinnen von Christian I. (1426-81) an bis zum Absolutismus sind in der Marienkirche gekrönt worden. Bei der Gründung der Kopenhagener Universität 1479 wurden Rektor und Dozenten von der Priesterschaft der Kirche gewählt. Im Zug der Reformation wurde die Kirche am Weihnachtstag 1530 von den Bürgern der Stadt unter dem Anführer Ambrosius Bogbinder gestürmt; mit der Einführung der Reformation wurde der Bischofssitz Seelands nach Kopenhagen verlegt, und Bugenhagen setzte hier am 2. September 1539 den neuen Bischof ein.

Bei einem Großfeuer in Kopenhagen 1728 brannte die Turmspitze ab, und auch die Kirche selbst wurde stark zerstört. Der Nachfolgebau, eine Barockkirche, wurde 1738 von Bischof P. Hersleb geweiht. Aber auch diese Kirche wurde zerstört, und zwar durch ein Bombardement der Engländer am 5. September 1807. Im folgenden Jahr erhielt der Landbaumeister in Holstein, Christian Frederik Hansen (1756-1845), den Auftrag, eine neue Kirche unter Verwendung von Bauteilen der alten Kirche zu bauen. Er war von der italienischen Architektur, den antiken Bauten Roms wie auch von Palladio stark inspiriert. Der Grundstein für den Altar wurde 1817 von König Frederik VI. gelegt, und zu Pfingsten 1829 konnte sie geweiht werden. Die Kirche ist mit dem Chorumgang 83 m lang und 33 m breit, das 25 m hohe Gewölbe wird von 28 Säulen getragen. Der dänische Bildhauer Bertel Thorvaldsen (1770-1844) wurde mit der inneren Ausschmückung der Kirche beauftragt. Die Skulpturen wurden in seinem Atelier in Rom geschaffen, zunächst 1828 in Gips gefertigt und dann zwischen 1838 und 1848 als Marmorskulpturen aufgestellt.  Im Altarraum steht der Auferstandene Christus mit den Kreuzigungsmalen an Händen und Füßen, in der Mitte des Chors der Taufengel. Die Statuen der zwölf Apostel stehen an den Wänden des Langhauses. Der Turm der Kirche ist 60 m hoch; unter seinen vier Glocken findet sich die Sturmglocke, mit 4025 kg die größte Glocke Dänemarks, gegossen 1828. Die kleinste Glocke ist auch Kopenhagens älteste, sie stammt aus dem Jahr 1490 und hing früher in der Klosterkirche von Antvortskov.  Seit 1924 ist Vor Frue Kirke offiziell die Domkirche zu Kopenhagen.

1998 feierte die Stadt Roskilde im Norden der Insel Seeland ihr 1000jähriges Bestehen; die am 26. März 1998 ausgegebene Marke zeigt den Dom von Roskilde. Roskilde ist damit, nach Ribe (s. GABRIEL 12/2010) und Odense die drittälteste dänische Stadt. Roskilde entstand zur Zeit der Einigung Dänemarks unter König Harald Blauzahn (910-987) und war politische und kirchliche Hauptstadt des Reichs.1020 wurde Roskilde zum Bischofssitz erhoben, und schon 1150, als die Stadt von Wällen und Gräben umgeben wurde, gab es in ihr 12 Pfarrkirchen und die mächtige Kathedrale. Der heutige Dom von Roskilde wurde ab 1170 unter Bischof Absalon im romanischen Stil errichtet, als großer Backsteinbau, der als erster Dom aus Backstein angesehen wird und zur Verbreitung des Backsteinbaus maßgeblich beigetragen hat. Der Bau der Kirche wurde 1280 mit dem gotischen Chor beendet. In den folgenden Jahrhunderten wurden viele Kapellen innen und außen angebaut, ursprünglich verschiedenen Heiligen geweiht, später als Grabkapellen und Mausoleen der Könige verwendet.

Mit der Reformation verschwand 1536 die wohlhabende Priesterschaft aus der Stadt, aber der Dom behielt seine Funktion als königliche Grablege: Von Harald Blauzahn an befinden sich hier die Gräber von 21 dänischen Königen und 17 Königinnen, so Margarethe I. (ursprünglich in Sorø begraben, aber 1413 nach Roskilde überführt), Christian IV. und Friedrich IX. Nicht nur Könige fanden ihre letzte Ruhestätte im Dom zu Roskilde, sondern der Boden ist auch mit Hunderten von Grabplatten bedeckt; ebenso befinden sich Gräber in der Krypta. Bemerkenswert ist auch der nachreformatorische Hauptaltar von 1560. Es ist ein Antwerpener Retabel und zeigt in detailreicher Schnitzerei Szenen aus der Kindheit und der Passion Jesu mit der Kreuzigung. Eine Kuriosität in der Kirche ist die sog. Königssäule, auf der die Körpergrößen verschiedener europäischer Herrscher eingezeichnet sind: Christian I. übertrifft mit 2,19 m noch den Zaren Peter den Großen mit seinen 2,08 m.

Die Stadt Roskilde selbst erlebte erst vom 19. Jh. an wieder einen Aufschwung – die erste dänische Eisenbahn wurde z. B. 1847 zwischen Kopenhagen und Roskilde gebaut. Heute ist sie einer der größten dänischen touristischen Anziehungspunkte – auch das auf der Marke abgebildete Wikingerschiff weist das Museum hin, in dem Schiffe ausgestellt sind, die in den 1960er und 1990er Jahren ausgegraben werden konnten, darunter das mit 36 m Länge längste bisher aufgefundene Langschiff. Neben der erwähnten dänischen Marke (Mi 1174) bilden wir eine Marke aus Russland (Mi 370) und Uganda (Mi1265) ab.

Dr. Gerhard J. Teschner

Stand: !4.02.2011       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.