St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem November-GABRIEL 2010

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400 Jahre Synode von Žilina

Die Ideen der Reformation breiteten sich im 16. Jh. auch auf das Gebiet der Slowakei aus. Nach den Patriziern in den östlichen slowakischen Königsstädten und den mittelalterlichen Bergbaustädten wendete sich schrittweise auch der ungarische Adel der Reformation zu, und so war zu Beginn des 17. Jh. ein bedeutender Teil des heutigen slowakischen Territoriums protestantisch. Auf einem Landeskonzil 1609 wurde Graf Juraj Thurzo von Betlanovce (1567-1616) Palatin von Ungarn, ein Anhänger der lutherischen Reformation, die er unterstützte und aufgrund seiner Autorität förderte. Ein wichtiger Meilenstein war die Synode, die zum 28. bis 30. März 1610 nach Žilina unter seiner Schirmherrschaft einberufen wurde. Die Synode von Žilina wurde zur Geburtsstunde einer eigenen Kirchenstruktur des lutherischen Bekenntnisses nach der Augsburger Konfession. Die dort vertretenen Kirchengemeinden definierten grundsätzliche symbolische Beschlüsse und nahmen die Harmonie-Formel an. Eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung und der Formulierung der Beschlüsse nahm Elias Lani ein, Pastor von Bytča und Berater Thurzos, der als einer der ersten evangelischen Superintendenten eingesetzt wurde.

Ein einzigartiges authentisches Denkmal dieser Epoche ist der Thurzo-Altar „Speculum Justificationis“ von 1611. Es handelt sich um einen monumentalen Holztafel-Altar aus der Kapelle der Burg Orava, der sich heute in der evangelisch-lutherischen Kirche in Necpaly befindet und in seiner Form und seinem Inhalt außergewöhnlich ist. Die Gestalt des Altars mit neun Gemälden basiert auf einem älteren graphischen Modell aus der Werkstatt Jost Ammans, eines Nürnberger Stechers und Verlegers, das von dem evangelischen Theologen Caspar Melissander geschaffen wurde. Auf festen Flügeln sind kleinere Tafelbilder mit biblischen Szenen, ebenso auf der Predella und dem Aufsatz. Den Mittelteil bildet ein großes Gemälde auf Leinwand, 380 x 260 cm, auf dem die symbolischen Schlüsselfragen dargestellt werden (unser Titelbild). Die in einem Gesamtbild gezeigten Motive verdeutlichen die Vergebung der menschlichen Sünde im Angesicht Gottes, allein durch den Glauben, wie es der protestantischen Auffassung entspricht.
Der Wert des Thurzo-Altars ist außergewöhnlich, sowohl aufgrund der Person des Auftraggebers wie auch durch seine Programm-Idee und schließlich auch aufgrund seiner künstlerischen Qualität, die das Mittelmaß der protestantischen Kunst in der Slowakei im 17. Jh. übersteigt. Sein Bildprogramm ist der Ausdruck künstlerischer Professionalität und konfessioneller Identität des adligen Auftraggebers und, neben seinem Repräsentationszweck, auch ein „Bildliches Glaubensbekenntnis“.

Gerhard Teschner

Stand: 10.10.2010       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.