St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Januar-GABRIEL 2010

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1000 Jahre St. Michaelis in Hildesheim

Die St. Michaeliskirche in Hildesheim, einer der bedeutendsten erhaltenen frühromanischen Großsakralbauten nördlich der Alpen, feiert 2010 ihren 1000. Geburtstag. Hierzu gibt es im Januar eine Gedenkmarke zu 220 c, die ein Bild der Kirche zeigt. Was bedeutet "Geburtstag" einer mittelalterlichen Kirche? Im Jahr 1010 fand die Grundsteinlegung statt, ein Steinblock als Grundstein zeigt diese Jahreszahl. Eine Klosterkapelle gab es allerdings schon seit vierzehn Jahren, denn Bischof Bernward von Hildesheim (960-1022, Bischof ab 993) hatte schon nach seinem Amtsantritt auf dem Hügel nördlich der Domburg in Hildesheim eine Kapelle als Keimzelle des Michaelisklosters errichten lassen, die 996 geweiht wurde. Fünf Jahre nach der Grundsteinlegung weihte Bischof Bernward die inzwischen fertig gestellte Westkrypta, und 1022 erfolgte die Teilweihe der Kirche. Im selben Jahr starb Bischof Bernward am Michaelistag und wurde in der Krypta bestattet. Sein Nachfolger, Bischof Godehard, weihte die nun fertig gestellte Kirche 1033.

Schon im 11. Jahrhundert kam es zu mehreren Bränden in der Kirche, deren Folgen allerdings umgehend beseitigt wurden. 1171 bis 1190 wurden die sehenswerten Kapitelle geschaffen. Eine Miniatur, die auf gleicher Höhe Bernward neben dem Erzengel Michael zeigt, erbringt den Beweis, dass die Mönche den Gründer ihres Klosters auch schon vor seiner Kanonisation im Gottesdienst als Heiligen verehrten. 1192 wurde Bernward heilig gesprochen.  Sein Nachfolger wurde der Schweizer Godehard (960-1038, Bischof ab 1022), der mit ihm etwa gleichaltrig war, ihn aber um 16 Jahre überlebte. Er war bekannter als Bernward, so wurde er schon vor ihm 1131 heilig gesprochen, und der Sankt-Gotthard-Pass zwischen den Schweizer Kantonen Uri und Tessin trägt seinen Namen. 1960 gab es zum 1000. Geburtstag der Bischöfe Bernward und Godehard eine deutsche Gedenkmarke (Bundesrepublik Mi 336). Sie zeigt die Bischofsinsignien über der Michaeliskirche.

Nach der Heiligsprechung von Bernward entstanden 1194 bis 1197 Stuckreliefs der mit Engeln gekrönten Chorschranke am Westchor am Eingang der Krypta. 1250 wurde ein neuer Kreuzgang gebaut, der die Kirche mit der alten Klosterkapelle der Abtei verband. Das Raumprogramm der Kirche mit der Bilddecke und der Engelschorschranke waren wesentlicher Anlass zur Aufnahme der Kirche in das UNESCO Weltkulturerbe 1985.

St. Michael ist eine der bedeutendsten erhaltenen Kirchen im ottonischen Baustil. Es ist eine neue Freiheit und Unabhängigkeit von Antikem, Frühchristlichen, Byzantinischem und Karolingischem erreicht, Kunsthistoriker nennen das eine rein deutsche Architektur. Es handelt sich um eine doppelchörige Basilika mit zwei Querhäusern und einem quadratischen Turm über jeder Vierung. In dem dreischiffigen Langhaus wird das Mittelschiff von den Seitenschiffen durch den so genannten niedersächsischen Stützenwechsel getrennt, d. h. zwischen zwei Pfeilern stehen jeweils 2 Säulen, also das System: Pfeiler – 2 Säulen – Pfeiler – 2 Säulen – Pfeiler ... Über den Arkaden erhebt sich die hohe Mauer des Obergadens mit Rundbogenfenstern. Im 13. Jahrhundert entstand eine bemalte Holzdecke, die den Jesse-Baum, die Abstammung Jesu, darstellt (Matth. 1, 1-17 und Lukas 3, 23-38). Auf acht Bildern sind dargestellt: 1. Adam und Eva, 2. Jesse, 3. König David, 4. König Salomo, 5. König Hiskia, 6. König Josia, 7. Maria und 8. Jesus als Weltenrichter. Weiterhin sind 42 Medaillons mit den Vorfahren Jesu (nach Matthäus 3 x 14; Matth. 1, 1-17) zu sehen. Die Chorschranke stellt das himmlische Jerusalem dar. Ein Teil der Forschung geht davon aus, dass die seit 1035 am Hildesheimer Dom befindlichen Bronzetüren ursprünglich für St. Michaelis bestimmt waren, da deren Inschrift besagt, ihr Stifter Bernward habe sie 1015 am „templum angelicum“ (Engelstempel, Gotteshaus des Erzengels Michael) angebracht. 

Interessant sind auch die Ersttagsstempel: Der aus Bonn zeigt das erste der Holzdeckenbilder: Adam und Eva, und der aus Berlin den Grundstein, der die Jahreszahl „MX“, d. h. 1010 zeigt, darüber B + EP, das bedeutet Bernward Episcopus, dazu die Namen "S. Benjamin" und "S. Matheus A". Benjamin ist der jüngste der zwölf Söhne Jakobs (1. Mose 35, 22-27) und der Stammvater eines der zwölf Stämme Israels. Matthäus ist einer der zwölf Apostel (Apg. 1, 13 u. a.). Einige Forscher sind der Meinung, dass dieser Grundstein einer von zwölf Steinblöcken ist, die im Fundament der Kirche waren, und dass auf jedem ein Sohn Israels und ein Apostel genannt sind. Nach Einführung der Reformation 1542 wurde die Kirche evangelisch, die Krypta mit der Grablege Bischof Bernwards und mit einem eigenen Zugang von außen wurde dem Benediktinerkonvent der katholischen Kirche überlassen, was bis heute noch Gültigkeit hat. Allerdings gibt es den Benediktinerkonvent nicht mehr, weil er sich in der Säkularisation der napoleonischen Zeit auflöste.  St. Michaelis ist den heiligen Engeln Gottes, vor allem dem Erzengel Michael, dem Schutzpatron des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, geweiht.

Im Laufe ihrer Geschichte hat die Kirche hat auch einige heftige Beschädigungen hinnehmen müssen: Brände, 1544 die Bilderstürmer, Brüche von Kunstwerken bei Bauarbeiten und vor allem Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Bei Luftangriffen am 22. Februar, am 3. und am 14. März 1945 wurde die Kirche beschädigt, vor allem am 22. März war der schwerste Bombenangriff auf Hildesheim, Spreng- und Brandbomben hinterließen heftige Zerstörungen an und in der Kirche. Die Holzdecke und die anderen Kunstschätze waren jedoch ausgelagert worden und blieben unversehrt. Die Engelschorschranke der westlichen Vierung hatte man durch eine Schutzmauer gesichert, so dass sie nicht beschädigt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche nach den ursprünglichen Plänen auf den vorromanischen Resten 1947 wieder aufgebaut. Am 20. August 1950 erfolgte die Wiedereinweihung des Langhauses und des westlichen Querhauses. Endgültig fertig gestellt und wieder geweiht wurde die Kirche 1960. Zum Weltkulturerbe ab 1985 gehören außer der Michaeliskirche der Hildesheimer Dom, der Domschatz und der Tausendjährige Rosenstock am Dom.

Jan-Derk Aengeneyndt

Stand: 01.01.2010       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.