St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Dezember-GABRIEL 2009

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Die Abtei Royaumont in der Ile de France

Royaumont war die größte Zisterzienserabtei der Ile de France; sie wurde zwischen 1228 und 1235 unter der Herrschaft Ludwigs IX. errichtet. Als Gründung des später heiligen Königs Ludwig wurde die Abtei einem Gelübde seines Vaters entsprechend an einem Ort namens Cuimont erbaut, der später in Mons Regalis, Königsberg, oder Royaumont genannt wurde. Ihr Status als königliche Abtei verlieh ihr außergewöhnliche Privilegien: sie stand nicht unter der Abhängigkeit einer der „Töchter“ von Cîteaux wie die Abteien von La Ferté, Pontigny, Clairvaux und Morimond, sondern unterstand unmittelbar der Mutterabtei Cîteaux. Schon bald nach ihrer Gründung zählte sie 140 Mönche. Mit den häufigen Aufenthalten der Könige umgab sie eine gewisse Weltläufigkeit. Neben den zahlreichen Exerzitien, während der der König wie ein Mönch lebte, wurde Royaumont auch zur königlichen Grabstätte. der König ließ dort einen Bruder und drei seiner Kinder bestatten.

Die Abtei ist ein offener Ort und dem königlichen Willen unterworfen, sie empfängt den Dominikaner Vincent de Beauvais, Lehrer der Königskinder. Es ist wahrscheinlich, dass die Bibliothek von Royaumont eine Rolle in der Schaffung der Enzyklopädie Speculum Majus gespielt hat. Während der Dauer seiner Herrschaft unterstützt der hl. Ludwig Royaumont mit Geld- und Grundstücksstiftungen, aber auch mit Rechten und Vorteilen aller Art. 1235 gewährt der König eine Jahresrente von 500 Pfund für den Unterhalt von mindestens 60 Mönchen. Einer der Biographen des Königs erwähnt einige Jahre später etwa hundert Mönche und etwa vierzig Laienbrüder. Nach dem Tod des Königs ist der Abt einer der Testamentsvollstrecker, und die Abtei erhält ein Drittel der königlichen Bibliothek und darum eine der bestausgestatteten des Königreichs. Das mönchische Leben verfällt in der Folge sehr rasch, da kein weiterer König der Abtei die Bedeutung zumisst wie der hl. Ludwig. Die Situation verschlechtert sich noch im Lauf des Hundertjährigen Kriegs: die Abteien verfügen nicht über den Schutz der Burgen, und Royaumont wird ständig erpresst. Zu Beginn des 15. Jh. wird die Abtei in den Generalkapiteln des Ordens als Abtei in Ruinen geführt. Die Gebäude sind zwar nicht zerstört, aber die Ländereien sind verwüstet. 1473 zerstört ein Brand das Dach und den Turm der Kirche; die Reparaturen werden erst am Beginn des 16. Jh. ausgeführt.

Der Wohlstand scheint immerhin nach den Unruhen zurückzukehren, aber die Umwandlung der Abtei in eine Kommende 1549 gefährdet diese Erneuerung. Der letzte Kommende-Abt von Royaumont führt ein dem Klosterideal diametral entgegengesetztes Leben. Henri-Eléonore-François Le Cornut de Ballivières ist der Kaplan des Königs und lebt die meiste Zeit am Hof in Versailles. Aber er begibt sich auch nach Royaumont, das er vom zukünftigen Zar Paul I. und dem Schwedenkönig Gustav III. besichtigen lässt. Die Räume, über die er verfügt, entsprechen nicht seinem Lebensstil noch dem seiner illustren Gäste. Der Abt de Ballivières lässt 1785 einen glänzenden neo-klassischen Abtspalast errichten, der vom Kleinen Trianon und den Villen Palladios in Venetien inspiriert ist. Die neue Residenz ist 1789 bezugsfertig, aber er kann nicht lange davon profitieren, da er schon zum Beginn der Französischen Revolution ins Ausland flieht. Im Mai 1790 erstellen die Vertreter der Stadt Asnières ein Inventar der Güter und Einkünfte der Abtei. Die letzten Mönche, kaum ein Dutzend, werden vertrieben; fünf von ihnen, die ein mönchisches Leben fortführen wollen, werden in die Abtei von Vaux-de-Cernay in der Nähe von Versailles geschickt. Die Gebäude werden als nationales Gut 1791 verkauft. Die Abtei wird von dem Marquis Jean-Joseph Bourguet de Guilhem de Travanet, einem Industriellen, gekauft; die Gebäude werden von all ihren früheren Gegenständen geräumt und als Baumwollspinnerei eingerichtet. Die Arbeiter werden auch für den Abbruch der Kirche 1792 herangezogen, deren Steine zum Bau ihrer Wohnungen verwendet. 1815 kauft eine belgische Familie, Van der Mersch, die Fabrik, und die Spinnerei wird durch eine Druckerei ersetzt, die 1860 in Konkurs geht.

Nach den Wirren der Revolution kehrt der Zisterzienserorden nicht nach Royaumont zurück. Aber nach 1860 werden die Gebäude von einer neuen Kongregation in einem Elan der Rückkehr zu den christlichen Werten neu besiedelt. Es handelt sich um die Oblaten der Unbefleckten Empfängnis von Marseille, die die Anlage kaufen und 1864 hier einziehen. Sehr schnell bieten sie die Abtei den Schwestern der Heiligen Familie von Bordeaux an, die sie 1869 als ihr Noviziat nutzen. Die durch die Einrichtung der Spinnerei verkommenen Gebäude werden nach und nach restauriert. Das Refektorium, das in Werkstätten zerteilt war, wird wie der Großteil der Gebäude der Abtei im gotischen Stil restauriert. Aber die Zeiten ändern sich, und die Schwestern können ihren Traum des Wiederaufbaus der Kirche nicht verwirklichen: in einem wachsenden antiklerikalen Umfeld müssen sie Royaumont 1904 verlassen, ein Jahr vor dem Gesetz der Trennung von Kirche und Staat von 1905. Die Abtei wird 1905 von einem reichen Industriellen gekauft, der bereits den Abtspalast besitzt. Sie dient zu Konzerten, und nach dem Zweiten Weltkrieg als Ort künstlerischer und intellektueller Treffen; schließlich wird sie zur Fondation Royaumont pour le progrès des sciences de l’homme (Stiftung Royaumont für den Fortschritt der Wissenschaft vom Menschen).

Die neue französische Briefmarke zeigt einen Teil der Abteigebäude mit einem Türmchen im Hintergrund, dem Rest der Abteikirche.

GJT

Stand: 01.12.2009       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.