St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem November-GABRIEL 2009

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Pienza und Urbino

Zwei in Italien am 31.10.2008 ausgegebene Marken würdigen das Val d’Orcia und die Altstadt von Urbino, zwei Weltkulturerbe-Stätten in Italien.

Dabei berührt mich als geborenen Ermländer (das ist der bei der Reformation katholisch gebliebene Teil Ostpreußens) vor allem die Geschichte der kleinen Stadt Pienza in der Toskana persönlich, ist sie doch der Geburtsort des einzigen ermländischen Bischofs, der Papst wurde. Wie das, nie gehört? In besagter Stadt, damals unter dem Namen Corsignano und ein Dorf, wurde am 18.10.1405 Enea Silvio Piccolomini geboren, Spross einer aus Siena verbannten Familie. Nach einem Jurastudium in Siena und einer umfassenden literarischen und humanistischen Bildung war er 1432 im Gefolge des Kardinals Domenico Capranica auf dem Konzil in Basel. 1447 wurde er Bischof von Triest und 1450 Bischof von Siena. Er war stark verbunden mit Kaiser Friedrich III. und bereitete dessen Heirat vor. Trotz seines Bischofsamts lebte er lange am Wiener Hof, wurde 1456 Kardinal und schließlich 1457 zum Fürstbischof des Ermlands gewählt. Aber, leider, es kam nie zur effektiven Übernahme des Bistums durch den Erwählten, der am 3.9.1458 zum Papst gewählt wurde, wobei er den Namen Pius II. annahm.

Pius scheint sich nicht an das Ermland erinnert zu
haben, wohl aber an seinen Geburtsort Corsignano, den er nach seinem Papstnamen in "Pienza" umtaufte und wo er die ideale Stadt im Geist der Renaissance gestalten wollte. Die Umgestaltung des Orts wurde 1459 von dem Florentiner Architekten Rosselino begonnen, und die Hauptbauten wurden innerhalb von drei Jahren fertiggestellt. Allerdings wurde die Gesamtplanung nicht abgeschlossen, nachdem Pius II. 1464 gestorben war. Rosselino entwarf einen neuen Stadtplatz, die Piazza Comunale mit den vier Hauptbauten, die ihn flankieren: den Dom Santa Maria Assunta, das Rathaus (Palazzo Publico), den Bischofspalast und den Palast der Piccolomini-Familie. Der Bischofspalast war der Wohnsitz des Kardinals Rodrigo Borgia, des späteren Papstes Alexander VI. Der Piccolomini-Palast war inspiriert von dem Florentiner Palazzo Rucellai und das größte und schönste Bauwerk am Platz. In ihm befinden sich auch Erinnerungsstücke an einen weiteren „Bekannten“, den kaiserlichen Feldmarschall Ottavio Piccolomini, der etwa 200 Jahre später lebte und uns vor allem aus Schillers „Wallenstein“ bekannt ist.

Pienza hat heute etwa 2.200 Einwohner, und in Knaurs Kulturführer lese ich: „Pienza ist heute eine ,tote’ Stadt“. Auf der Marke des Val d’Orcia, des Tals, in dem Pienza liegt, ist die Fassade des Doms von Pienza abgebildet. Er wurde von Rosselino zwischen 1459 und 1462 als dreischiffige Hallenkirche mit Umgangschor errichtet. Trotz seiner Renaissance-Fassade ist der Bau stark an Bauten der nordalpinen Gotik orientiert, ebenfalls ein Ergebnis der Reisen Pius II. vor seiner Papstwahl. Die Ausstattung des Inneren mit toskanischen Kapitellen zeigt die Übersetzung des gotischen Raumkonzepts in die Formensprache der Frührenaissance. Das unterhalb der Apsis gelegene Baptisterium gleicht einer Krypta und stammt noch von dem ursprünglich romanischen Vorgängerbau.

Über das Leben des Enea Silvio Piccolomini, Pius II., berichten die weltberühmten Fresken Pinturicchios in der Libreria Piccolomini der Kathedrale von Siena; sein Neffe, der spätere Papst Pius III., ließ diesen Raum 1495 zur Aufbewahrung der Bibliothek des großen Humanisten, der Pius II. war, errichten. Wir verweisen ebenfalls auf die italienische Marke Mi 2431 (Jahr 1996), die die Fassade des Doms von Pienza und Pius II. zeigt.

Urbino in den Marken hingegen ist eine Stadt, die auf eine 185 v. Chr. gegründete römische Siedlung zurückgeht. Die Briefmarke zeigt im Vordergrund den Herzogspalast und im Hintergrund Kuppel und Turm des Doms von Urbino. Unter der Herrschaft des Herzogs Federico II. von Montefeltro, der von 1444 bis 1482 regierte, war Urbino einer der glänzendsten Höfe Italiens. Anstelle einer frühmittelalterlichen Kirche entstand der 1474 begonnene Neubau der Kathedrale, die erst 1534 vollendet wurde. Ihre Kuppel wurde 1604 errichtet. Ein Erdbeben 1789 beschädigte die Kirche stark, und sie musste weitgehend erneuert werden, die Fassade wurde 1802 vollendet. Der Bau des Palazzo Ducale begann 1447 durch Maso di Bartolomeo; Luciano Laurana setzte 1465 bis 1472 die Arbeiten fort, und zwischen 1504 und 1508 wurden weitere Gebäudeteile von Francesco di Giorgio Martini hinzugefügt. Der Palast ist heute Sitz der Nationalen Gemäldegalerie der Region der Marken.

GJT

Stand: 20.10.2009       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.