St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem FEBRUAR-GABRIEL 2009

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1000 Jahre Burg Tangermünde

Kulturdenkmal in der Kirchenprovinz Sachsen

Im Jahr 2009 wird die Burg Tangermünde 1000 Jahre alt. Hierzu gibt es eine Gedenkmarke mit einem schönen Bild der Stadt, wie sie heute aussieht. Zwanzig Meter thront die Burg über Elbe und Tanger und prägt das Stadtbild auf der Flussseite. Die erste urkundliche Erwähnung der Stadt erfolgte aber erst im Jahre 1275. Warum zählt diese Briefmarke zu den christlichen Motiven? Dafür gibt es zwei Gründe:

1. Bischof Thietmar von Merseburg (975 - 1018) war ein wichtiger Chronist seiner Zeit. In seiner 1009 verfassten Chronik beschrieb er den Streit zweier Adliger nahe der „civitas Tangermuthi“, einer Grenzfeste zum Schutz gegen die Slawen. Es war also ein Bischof, der diese Burg erstmalig urkundlich erwähnte.

2. Zwischen den beiden Burgtürmen sieht man den Turm der St. Stephanskirche. Sie ist eine im Stil der norddeutschen Backsteingotik errichtete Kirche und wird zu den herausragenden Denkmalen europäischen Ranges in diesem Baustil gezählt. An der heutigen Stelle stand ein Vorgängerbau, der bereits vor 1188 bestand. Teile dieses Baues sind in den Neubau der heutigen Kirche einbezogen worden. Das Querhaus bestimmte die Breiten des Langhauses der heutigen Kirche. So finden sich an der Nordseite des Langhauses noch zwei romanische Fenster, und Teile des Mauerwerks des Vorgängerbaus sind erkennbar. Im späten Mittelalter erfolgte in mehreren Phasen der Bau der heute stehenden dreischiffigen gotischen Hallenkirche. Geplant war die Kirche mit zwei Türmen, aber nur einer wurde vollendet, ähnlich wie beim Straßburger Münster. Bei einem großen Stadtbrand 1617 wurde auch die Kirche beschädigt,  die Spitze des Turmes stürzte herunter. 1714 erhielt der Turm seine heutige im Stil des Barock gestaltete Turmhaube. Bemerkenswert ist die noch weitgehend aus dem 17. Jahrhundert erhaltene Innenausstattung. Die farbige Raumgestaltung aus der Zeit der Spätgotik wurde wieder hergestellt. Die steinerne Kanzel im Stil der Spätrenaissance zeigt Moses als Kanzelträger, der die Gesetzestafeln betrachtet. Ein sehr großes in diesen Dimensionen in der Altmark einmaliges, barockes Hochaltarretabel wurde 1705 aufgestellt. Es zeigt die Kreuzigung Jesu Christi, Moses, Johannes den Täufer, Petrus und Paulus. Von besonderer Bedeutung ist die 1624 von Hans Scherer dem Jüngeren geschaffene barocke Orgel. Sie wurde 1994 von der bekannten Orgelbaufirma Alexander Schuke in Potsdam restauriert.

Nun zur Geschichte der Burg und der Stadt. Sie hat etwas mit der Geschichte der Mark Brandenburg zu tun. Heute liegt sie im Land Sachsen-Anhalt, aber die Landschaftsbezeichnung „Altmark“ weist darauf hin, dass sie bis zur Zeit des Wiener Kongresses 1815 zur preußischen Provinz Brandenburg gehörte. Die Annexion von sächsischen und anderen Territorien veranlasste die preußische Regierung, sie der neuen Provinz Sachsen zuzuordnen, damit diese nicht zu klein ist.  Schon 928 besiegte der deutsche König Heinrich I. die Slawen an der Elbe. Sein Nachfolger Otto I. gründete 946 das Bistum Havelberg und 948 das Bistum Brandenburg (s. GABRIEL 6/2007, S. 137 - 138). Schon bald darauf kam es zum Wendenaufstand 983, Havelberg und Brandenburg wurden den Christen wieder entrissen. Das führte zum Bau der Burg Tangermünde, die wie oben erwähnt, 1009 erstmalig urkundlich erwähnt ist, aber sicher schon älter ist.

Das Stadtbild von Tangermünde hat sich seit dieser Zeit mehrfach verändert. Am stärksten prägte der römisch-deutsche Kaiser Karl IV. (1316 - 1378) die Burg- und Stadtgeschichte. Als König von Böhmen hatte er 1373 die Verfügungsgewalt über die Mark Brandenburg erhalten. Unter ihm sollte die Stadt zum machtpolitischen Zentrum des mittleren Reiches werden. Für die Umgestaltung der Burg nahm der Kaiser seine böhmische Residenz, den Hradschin in Prag, zum Vorbild. 1640 zerstörten die Schweden die schlossähnliche Anlage. Aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg sind das Tanzhaus von Karl IV. und der 50 m hohe Kapitelturm bis heute erhalten. Der Stadtbrand von 1617 hat eine literarische Bedeutung erhalten. Die Schuld an diesem Brand gab man der Waise Grete Minde, die aus Rache für das ihr vorenthaltene Erbe gehandelt haben soll. Sie wurde zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Theodor Fontane inspirierte dieses Ereignis zu seiner gleichnamigen Novelle. Am Stadtbrunnen ist eine Plastik mit dem Bild von Grete Minde zu sehen. Nach dem Brand entstanden viele prächtige Fachwerkhäuser. Die Stadt konnte ihre Bedeutung als Handelszentrum nicht behaupten und wurde zu einer recht unbedeutenden Landstadt. Während der Gründerjahre entstanden in der Umgebung der Stadt neue Wohn- und Industriegebiete. Der Altstadtkern wurde in dieser Zeit, im Gegensatz zu den meisten Städten in Europa, nicht angetastet. Der Zweite Weltkrieg hinterließ im Stadtzentrum kaum Spuren. In der DDR-Zeit verschlechterte sich der Zustand der Bausubstanz, aber die wichtigsten Denkmale wurden gesichert, was die Restaurierung nach der Wende erleichterte. Eine Besichtigung dieser schönen alten Stadt ist in jedem Fall lohnenswert.

Jan-Derk Aengeneyndt

Stand: 01.02.2009       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.