St. Gabriel,
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Leseprobe aus dem Oktober-GABRIEL 2007

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"Der Kohleneimer" – eine futuristische Kirche von Le Corbusier

Die Einwohner von Firminy in der Nähe von Saint-Etienne zweifelten schon daran, ob sie je das fertige Gebäude sehen würden, das der berühmte Architekt Le Corbusier vor 45 Jahren zu Papier gebracht hatte. Im Jahr 2006 war es aber dann doch so weit, und die französische Post widmete am 17. September 2007 eine Marke zu 0,54 € der neuen Kirche.

„Was beeindruckt, ist die Emotion, die das Gebäude hervorruft. Es ist unwahrscheinlich .... die Verdammten beten zu lassen“. Dominique Claudius-Petit der Le Corbusier-Stiftung und Verwalter des Werks des Schweizer Architekten ist überwältigt von diesem „magischen Denkmal“. Es ist wahr, daß Le Corbusier in Firminy einen Höhepunkt der religiösen Architektur der 1960er Jahre entworfen hat. Journalisten aus aller Welt, Touristen und Liebhaber, die einander beim Besuch des Bauwerks seit seiner Eröffnung Ende 2006 folgen, täuschen sich nicht: diese Kirche überhöht alle diesem Architekten liebgewordenen Themen.

Die nüchterne oben abgeschnittene Pyramide neigt ihre vier Seiten in ungleichmäßigen Winkeln. In dreißig Meter Höhe öffnet sich das den Baukörper schräg abschneidende Dach mit zwei Lichtöffnungen. Die beiden unteren Stockwerke, die durch verglaste Fenster erhellt werden, ruhen auf einem quadratischen Grundriß von 25 m Kantenlänge. Die Kantenwinkel runden sich nach oben hin immer mehr ab und bilden damit einen Kegel. Der für die kirchliche Nutzung reservierte Teil befindet sich im dritten und vierten Stockwerk, wo die Rundungen sanfter werden, das Dach farbig durchbrochen ist und das Sternbild des Orions durch Durchbrüche im Beton abgebildet wird; das schafft einen starken architektonischen Eindruck. Mehr als vierzig Jahre hat es gedauert, dieses Meisterwerk zum guten Ende zu bringen.

Le Corbusier entwarf diese Kirche 1961. Nach seinem Tod 1965 übernahm sein Freund und Mitarbeiter José Oubrerie das Projekt. Mit dem Verein „Le Corbusier für die Kirche in Firminy-Vert“ (im grünen Firminy) wird der Grundstein 1971 gelegt. Aber wegen fehlender Geldmittel wird der Bau 1977 eingestellt. Ohne den oberen Kegel wird der untere quadratische Betonblock von wildem Bewuchs überwuchert, und die Einwohner nennen den Bau „Bunker“ oder „Kohleneimer“. Zu Beginn der 1980er Jahre wird das Werk von einem Projekt der Kommune gefährdet, die eine Sporthalle an die Kirche anbauen will. Eine internationale Kampagne, der Einspruch des Kulturministers Jack Lang und sogar des Präsidenten Mitterrand verhindern diese architektonische Sünde. Um allen weiteren Bedrohungen zuvorzukommen, wird der Bau 1984, noch vor seiner Fertigstellung, in die Liste der zu schützenden Bauwerke aufgenommen. Das erlaubt es auch dem Staat, einen Teil der Arbeiten zu finanzieren, aber verhindert nicht eine neuerliche Unterbrechung Ende der 1980er Jahre. „Das Projekt war zu 80 % fertiggestellt, es fehlte nur noch die Einschalung und Betonierung des Dachs und die Rückzahlung der Schulden“, erinnert sich Dominique Claudius-Petit. Aber es gab noch ein großes Problem: was sollte aus diesem Bau werden, der nach Meinung der Kirche für den ursprünglichen Zweck zu groß geraten war?

Zu Beginn der 1990er Jahre entschied die Kirche, nur den Chor zu benutzen, zu dem die Gläubigen durch eine Außenrampe direkten Zugang haben. Schließlich fand man eine gute Lösung für die unteren nicht benutzten Stockwerke. Das Museum für Moderne Kunst in Saint-Etienne hat diesen Teil als Annex übernommen, das Ende der Arbeiten wurde von den regionalen Körperschaften finanziert, und die Kirche St. Peter befindet sich oberhalb der Museumsräume. Im November 2006 wurde das gesamte Bauwerk eingeweiht, und die ersten Ausstellungen öffneten im Sommer 2007.

GJT, nach der Information der französischen Post (Timbres & vous).

GJT

Stand: 16.11.2007        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.