Palma de Mallorca – Die
Kathedrale
Bei
vielen unserer Zeitgenossen hat Mallorca
einen schlechten Ruf: Sei es das bunte
Treiben à la „Ballermann“, sei es wegen
der Inbesitznahme von Land und Natur durch
Angehörige des Jet-Sets. Aber die
Hauptstadt Palma zum Beispiel besteht
nicht nur aus der Strandpromenade, sondern
kann auf eine jahrhundertealte Geschichte
und damit verbundene Architektur
zurückblicken.
Die diesjährige spanische Nationale
Philatelie-Ausstellung fand in Palma
statt, und dies war – wie in jedem Jahr –
Anlaß für die spanische Post, einen Block
(2,43 €, 16.4.2007) mit einem markanten
Bauwerk auszugeben. Sowohl auf dem
Blockrand wie auf der eigentlichen
Briefmarke sehen wir im Vordergrund den
Almudaina-Palast, den Sitz der islamischen
Herrscher der Insel, der später, im 13.
und 14. Jh. zur Residenz der Könige von
Mallorca wurde und heute ein Museum
beherbergt. Die Fassade mit ihrer
zinnenbewehrten von Türmen flankierten
Galerie ist dem Meer zugewandt. Der Palast
umfaßt auch eine Kapelle, die der hl. Anna
geweiht ist und ein interessantes
Altarbild aus dem 15. Jh. besitzt.
Unser
Hauptaugenmerk jedoch fällt auf das
Hauptbauwerk der Darstellung, die
Kathedrale von Palma, auch „La Seu“
genannt, d.h. der Sitz des Bischofs von
Mallorca. Sie wurde auf den Ruinen einer
Moschee im Stil der levantinischen Gotik,
beginnend 1229, errichtet. Diese Epoche
ist die Zeit der Rückeroberung der Insel
durch die Krone von Aragón; die Weihe der
Kathedrale erfolgte 1346, wenn auch die
Arbeiten an ihr noch über die nächsten
Jahrhunderte fortdauerten, und zwar bis
1601. Mit ihren hohen Gewölben ist sie
eine der höchsten Kathedralen des
Abendlandes. Zahlreiche Baumeister wirkten
hier im 14. Jh.; sie kamen aus Spanien,
aber auch aus Frankreich und Deutschland,
womit Ähnlichkeiten mit verschiedenen
Bauwerken des Festlands erklärt werden.
1430 wurde das nördliche Seitenschiff
eingewölbt, womit die Hälfte des Baus
fertiggestellt war. 1498 wurde das Portal
de l’Almoina geschaffen, zwischen 1594 und
1601 das Hauptportal von Miquel Verger,
damit das Ende der Bauzeit wie bereits
oben vermerkt. Die Gewölbe stürzten im 17.
und 18. Jh. mehrfach ein, was auf die zu
geringe Stärke der Säulen im Verhältnis zu
den Bogenöffnungen zurückgeführt wird. Das
Gesamtbauwerk ist 121 m lang und 55 m
breit; es handelt sich um eine
dreischiffige Hallenkirche ohne Querschiff
mit drei Kapellen mit geradem Abschluß am
Chorhaupt und auf jeder Seite sieben
Kapellen zwischen den Strebepfeilern.
Charakteristisch für den Eindruck im
Innern ist die große Rosette über der
Chorapsis mit einem Durchmesser von 11,50
m, der größten Rosette der Welt.
Bemerkenswert ist auch ihre Anordnung über
dem Chor, während Rosetten sich
normalerweise an den Fassaden des
Hauptschiffs oder der Querschiffe
befinden.
Hinsichtlich der Portale ist zu bemerken,
daß das Hauptportal sich nicht an der
Westseite, sondern an der südlichen
Längsseite, dem Meer zugewandt, befindet.
Aus diesem Grund trägt es auch den Namen
„Portal del Mirador“ (Portal des
Ausblicks). Das hier dargestellte Thema
ist ebenfalls nicht eines der klassischen
Themen, sondern das des Letzten
Abendmahls. Es wird erzählt, daß dieses
Thema bewußt gewählt wurde, weil sehr
viele konvertierte Juden in Palma wohnten.
Ihnen sollte ein rein christliches Thema,
die Wandlung von Brot und Wein, ohne Bezug
auf das Alte Testament, nahegebracht
werden. Am gegenüberliegenden Nordportal
befindet sich eine der besten Beispiele
gotischer Kunst auf Mallorca: ein Engel
mit ausgebreiteten Flügeln, Werk von
Guillermo Sagrera, der auch die Börse von
Palma gebaut hat.
Auch im 20. Jh. wurden Umbauarbeiten
durchgeführt, die von keinem Geringeren
als Antonio Gaudí zwischen 1904 und 1914
geleitet wurden. Diese Umbauten fanden
nicht überall Zuspruch, zumal alte
wertvolle Bauteile vernichtet wurden wie
der Corredor dels Ciris im Mudéjar-Stil.
GJT |