St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem März-GABRIEL 2007

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 Paul Gerhardt, der Liederdichter

„Wir singen die Strophen eins bis drei!“ So geht es meistens, wenn im Gottesdienst Lieder von Paul Gerhardt angestimmt werden sollen. Der Dichter ist nicht nur mit den meisten Liedern im Evangelischen Gesangbuch vertreten, sondern auch mit den längsten. Unter sieben Strophen ist kein Paul-Gerhardt-Lied zu haben. Darum werden meist nur die ersten, eventuell die letzte, selten eine mitten aus dem Lied, gesungen. Unser Gesangbuch hat schon einige Lieder gekürzt, weil ohnehin nicht alle Strophen gesungen werden. Im Original hat kein Lied weniger als zehn Strophen. 26 Lieder stehen im Gesangbuch von den 139, die er gedichtet hat. Alle Lieder zusammen haben hier 299 Strophen, das sind 11 ½ pro Lied. Auch im katholischen Gotteslob sind fünf Lieder von ihm zu finden.

Paul Gerhardt gilt nach Martin Luther als der bedeutendste und bekannteste evangelische  Kirchenlieddichter. Am 12. März 1607 wurde er in Gräfenhainichen in Kursachsen (heute Sachsen-Anhalt, etwa 25 km südlich von Wittenberg) geboren. Zu seinem 400. Geburtstag erscheint eine Gedenkmarke. Sie zeigt ihn am Schreibtisch sitzend, vermutlich dichtet er gerade ein neues Kirchenlied. Ein solches ist um das Bild herum zu lesen mit Text und Melodie: „Lobet den Herren alle, die ihn ehren ...“  Auch die beiden Ersttagsstempel zeigen dieses Motiv. Bereits zweimal wurde er von der Deutschen Bundespost mit Gedenkmarken geehrt: 1957 zu seinem  350. Geburtstag (Mi 253) und 1976 zu seinem 300. Todestag  (Mi 893).

Paul Gerhardt stammte aus einer bürgerlich-bäuerlichen Familie, die Ansehen genoss, aber mit vierzehn Jahren war er schon Vollwaise. 1622 bis 1627 war er Zögling der Fürstenschule Grimma. Die von lutherischer Tradition geprägte Erziehung stellte ihn in einen geistlich-liturgisch geordneten Tageslauf und vermittelte ihm eine theologische Grundbildung. Das war für ihn keine leichte Zeit, denn der Dreißigjährige Krieg bestimmte auch hier das Leben mit Hunger und Pest. Von 1628 bis 1642 studierte er an der Universität Wittenberg Theologie. In dieser Zeit wurde auch Wittenberg vom Krieg heimgesucht und durch die Pest entvölkert. Seine theologischen Lehrer waren strenge Lutheraner, was sein späteres Leben durchaus beeinflusste.

Nach seinem Examen 1642 ging er nach Berlin. Als Hauslehrer fand er Zugang in die höheren bürgerlichen Schichten der Stadt, auch in das Haus seines späteren Schwiegervaters, des Kammergerichtsadvokaten Berthold. Bekannt wurde er durch Lieder und Gedichte, die er bei Gelegenheit von Hochzeiten und anderen Familienfeierlichkeiten zu Gehör brachte. In dieser Zeit entstanden auch etliche Lieder, die noch heute oft gesungen werden. Das brachte ihn auch in eine freundschaftliche Beziehung zu Johann Crüger, der viele seiner Lieder komponierte und 1648 sein Gesangbuch „Praxis pietatis melica“ (Übung der Gottseligkeit in Gesängen) mit achtzehn Liedern von Paul Gerhardt herausgab. In der Ausgabe von 1661 finden sich hierin bereits 95 dieser Lieder. Sehr großen Einfluss auf sein Liedschaffen hatten die Erinnerungen an die Schrecklichkeiten des Krieges und auch viel anderes Leid, das er erfahren hat: Der frühe Tod seiner Eltern, seiner Frau und vier von seinen fünf Kindern. In vielen Liedern wird sein Gottvertrauen deutlich, und er bittet Gott um Trost und Beistand („Ich bin ein Gast auf Erden“, „Wach’ auf, mein Herz, und singe“ u.v.a.). Aber die Verbundenheit zur Natur, zu Gottes Schöpfung, wird in seiner Dichtkunst auch deutlich („Geh’ aus, mein Herz und suche Freud’ “, „Die güldne Sonne voll Freud’ und Wonne“ u.v.a.)

Wegen seiner Lieder war Paul Gerhardt sehr bekannt. Trotzdem wurde er erst 1651 im Alter von 44 Jahren in ein kirchliches Amt berufen als Propst nach Mittenwalde im Kreis Teltow (südöstlich von Berlin). Es ist vielfach versucht worden, eine Erklärung für die lange Studienzeit und späte Amtsübernahme zu geben. Wahrscheinlich haben die Kriegsverhältnisse mitgespielt.

1655 heiratete er Anna Maria Berthold, bei deren Eltern er jahrelang in Berlin gewohnt hatte. 1657 wurde er als Diakonus an die Berliner Nikolai-Kirche berufen (DDR Mi 3026, GA 2003 / 2, S. 36-37). Fast zehn Jahre konnte er dieses Amt versehen und sich die Liebe seiner Gemeinde erwerben. Aber dann gab es Probleme mit der Kirchenpolitik seines Landesherrn. Die Auseinandersetzung mit Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten (1640-1688) hatte konfessionelle Gründe: Dem seit 1613 reformierten Herrscherhaus stand eine lutherische Bevölkerung gegenüber, was zu scharfen Auseinandersetzungen der Bekenntnisse führte. Um den unerquicklichen Streitereien auf den Kanzeln ein Ende zu setzen, erließ der Kurfürst ein Toleranzedikt, das der Verträglichkeit der Konfessionen dienen sollte. So sollten sich alle Pfarrer verpflichten, die jeweils andere Konfession weder schriftlich noch mündlich zu diffamieren. Zu dieser Zeit waren Toleranz und Glaubenstreue noch ein Gegensatzpaar, und deshalb verweigerte Gerhardt die von ihm geforderte Unterschrift, obwohl er nie die Reformierten angegriffen hatte. So wurde er 1667 seines Amtes in der Nikolaikirche enthoben. Da sich viele seiner Gemeindeglieder für ihn einsetzten, wurde er zurück berufen, was er aber ablehnte. 1668 folgte er der Berufung in das Archidiakonat im damals noch kursächsischen Lübben im Spreewald, wo es keine Reformierten gab. Hier wirkte er bis zu seinem Tod am 27. Mai 1676. An ihn erinnert hier sein Denkmal vor der nach ihm benannten Kirche.

JDA 

Stand: 01.03.2007        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.