St. Gabriel,
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Hannah Arendt
Der ICE
573 trägt den Namen Hannah Arendt. Kennen
Sie Hannah Arendt? Schon zum zweiten Mal
wird sie von der Bundespost mit einer
Briefmarke geehrt (das erste Mal in der
Serie "Bedeutende Frauen der Deutschen
Geschichte" (Ausgabetag 10.11.1988, Mi.
1391, 170 Pf.), eine jüdische
Schriftstellerin, *15.10.1906 in Linden
bei Hannover, + 4.12.1975 in New York.
Ein Gymnasium in Barsinghausen hat sich
die berühmte Politologin und Soziologin
zum Vorbild genommen. Sie hat in Marburg,
Heidelberg und Freiburg studiert, bei
Martin Heidegger und Karl Jaspers
Philosophie, bei Bultmann auch
evangelische Theologie. Seit dem Studium
war sie befreundet mit dem jüdischen
Philosophen Hans Jonas (Ausgabetag
08.05.2003, Mi. 2338, 220 Pf.). Sehr früh
hat sie das wahre Gesicht der NS-Diktatur
erkannt. In Berlin begann sie 1929 eine
Arbeit über Rahel Varnhagen, der deutschen
Jüdin aus der Zeit der Romantik, und ihren
Berliner Salon (Ausgabetag 13.10.1994, Mi.
1755, 80 Pf.). Sie befasste sich vor allem
mit der Erforschung des Totalitarismus,
der Judenverfolgung und
politisch-philosophischen Grundfragen. Sie
sparte nicht mit Kritik gegenüber ihren
jüdischen Landsleuten, die sich als Opfer
empfinden würden, was Denken und Handeln
zu Grunde richtet, „Alles Selbstmitleid
tötet den Verstand!"
Nach kurzer Gestapohaft 1933 konnte sie
nach abenteuerlicher Flucht über Paris
1940 schließlich nach den USA gelangen.
Sie wurde die erste Frau mit Lehrauftrag
an der berühmten Princeton-Universität.
Sie plädierte - wie die UNO 1948 es auch
erst vorgesehen hatte - für eine
jüdisch-arabische Konföderation und war
gegen den Zionismus. In Vorahnung eines
nie endenden mörderischen Konfliktes
urteilte sie: „Ein jüdischer Nationalstaat
muss die gesamte Region des Nahen Ostens in
ein ewiges friedloses Schlachtfeld
verwandeln.“ Das hat sich leider bis heute
bestätigt. Die Gruppen, die eine
gewaltsame Inbesitznahme Palästinas
mitsamt der Vertreibung der ansässigen
Bevölkerung befürworten, bezeichnet sie in
ihrer derben Manier als
"Sprengstoffspießer" und "Bombenfatzkes"!
- Besonderen Anstoß erregte sie als
Berichterstatterin bei dem
Eichmann-Prozess. Sie charakterisierte
Eichmann als mittelmäßigen,
kleinbürgerlichen, karriereversessenen
Menschen; nicht als das große, gefährliche
Monster. Der nach der herrschenden Meinung
schlimmste Schreibtischtäter und
fanatische Ideologe des 3. Reiches war für
sie nichts weiter als ein "Hanswurst".
Sie
eckte mit ihrer Kritik an den Judenräten
bei der "Endlösung der Judenfrage" an und
stellte damit manchen jetzt
einflussreichen
Überlebenden bloß. Das zeigte sich in
ihrem Buch "Eichmann in Jerusalem" (1963)
mit dem Untertitel "Von der Banalität des
Bösen". Was da geschehen sei, habe sie
stets als den schlimmsten Angriff auf das
Wesen des Menschen bezeichnet! Man warf
Arendt vor, es fehle ihr an Liebe zu ihrem
Volk. Sie hat erkannt, die Schlüssel zum
Verständnis der12jährigen Naziherrschaft
liegen nicht bei einzelnen Schurkenfiguren
wie Hitler, Goebbels und Co., sondern bei
jener Masse an sich freundlicher,
gebildeter und liebesfähiger Menschen, die
als Mitläufer in den ersten Jahren
mitgemacht haben.
Eine letzte von vielen bemerkenswerten
Äußerungen Arendts 1975: "Warum hat Europa
den alten Christengott in die Flucht
geschlagen, wenn sich die Menschen
schrecklichen und ganz fehlerhaften
Weltenlenkern in die Arme werfen? Als
gläubiger Christ würde sie fragen, ob die
modernen Ideologien die Rache des
vertriebenen Gottes seien. Jetzt müssten
sich die Menschen mit einer Welt abfinden,
die zwar das Jenseits abgeschafft habe,
ihnen aber keinen Trost mehr biete."
Hannah Arendt bietet genügend Stoff zum
Nachdenken, ob man zustimmt oder nicht!
Robert Koll
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