St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Dezember-GABRIEL 2006

Zurück

Hannah Arendt

Der ICE 573 trägt den Namen Hannah Arendt. Kennen Sie Hannah Arendt? Schon zum zweiten Mal wird sie von der Bundespost mit einer Briefmarke geehrt (das erste Mal in der Serie "Bedeutende Frauen der Deutschen Geschichte" (Ausgabetag 10.11.1988, Mi. 1391, 170 Pf.), eine jüdische Schriftstellerin, *15.10.1906 in Linden bei Hannover, + 4.12.1975 in New York.

Ein Gymnasium in Barsinghausen hat sich die berühmte Politologin und Soziologin zum Vorbild genommen. Sie hat in Marburg, Heidelberg und Freiburg studiert, bei Martin Heidegger und Karl Jaspers Philosophie, bei Bultmann auch evangelische Theologie. Seit dem Studium war sie befreundet mit dem jüdischen Philosophen Hans Jonas (Ausgabetag 08.05.2003, Mi. 2338, 220 Pf.). Sehr früh hat sie das wahre Gesicht der NS-Diktatur erkannt. In Berlin begann sie 1929 eine Arbeit über Rahel Varnhagen, der deutschen Jüdin aus der Zeit der Romantik, und ihren Berliner Salon (Ausgabetag 13.10.1994, Mi. 1755, 80 Pf.). Sie befasste sich vor allem mit der Erforschung des Totalitarismus, der Judenverfolgung und politisch-philosophischen Grundfragen. Sie sparte nicht mit Kritik gegenüber ihren jüdischen Landsleuten, die sich als Opfer empfinden würden, was Denken und Handeln zu Grunde richtet, „Alles Selbstmitleid tötet den Verstand!"

Nach kurzer Gestapohaft 1933 konnte sie nach abenteuerlicher Flucht über Paris 1940 schließlich nach den USA gelangen. Sie wurde die erste Frau mit Lehrauftrag an der berühmten Princeton-Universität. Sie plädierte - wie die UNO 1948 es auch erst vorgesehen hatte - für eine jüdisch-arabische Konföderation und war gegen den Zionismus. In Vorahnung eines nie endenden mörderischen Konfliktes urteilte sie: „Ein jüdischer Nationalstaat muss die gesamte Region des Nahen Ostens in ein ewiges friedloses Schlachtfeld verwandeln.“ Das hat sich leider bis heute bestätigt. Die Gruppen, die eine gewaltsame Inbesitznahme Palästinas mitsamt der Vertreibung der ansässigen Bevölkerung befürworten, bezeichnet sie in ihrer derben Manier als "Sprengstoffspießer" und "Bombenfatzkes"! - Besonderen Anstoß erregte sie als Berichterstatterin bei dem Eichmann-­Prozess. Sie charakterisierte Eichmann als mittelmäßigen, kleinbürgerlichen, karriereversessenen Menschen; nicht als das große, gefährliche Monster. Der nach der herrschenden Meinung schlimmste Schreibtischtäter und fanatische Ideologe des 3. Reiches war für sie nichts weiter als ein "Hanswurst".

Sie eckte mit ihrer Kritik an den Judenräten bei der "Endlösung der Judenfrage" an und stellte damit manchen jetzt einflussreichen Überlebenden bloß. Das zeigte sich in ihrem Buch "Eichmann in Jerusalem" (1963) mit dem Untertitel "Von der Banalität des Bösen". Was da geschehen sei, habe sie stets als den schlimmsten Angriff auf das Wesen des Menschen bezeichnet! Man warf Arendt vor, es fehle ihr an Liebe zu ihrem Volk. Sie hat erkannt, die Schlüssel zum Verständnis der12jährigen Naziherrschaft liegen nicht bei einzelnen Schurkenfiguren wie Hitler, Goebbels und Co., sondern bei jener Masse an sich freundlicher, gebildeter und liebesfähiger Menschen, die als Mitläufer in den ersten Jahren mitgemacht haben.

Eine letzte von vielen bemerkenswerten Äußerungen Arendts 1975: "Warum hat Europa den alten Christengott in die Flucht geschlagen, wenn sich die Menschen schrecklichen und ganz fehlerhaften Weltenlenkern in die Arme werfen? Als gläubiger Christ würde sie fragen, ob die modernen Ideologien die Rache des vertriebenen Gottes seien. Jetzt müssten sich die Menschen mit einer Welt abfinden, die zwar das Jenseits abgeschafft habe, ihnen aber keinen Trost mehr biete."

Hannah Arendt bietet genügend Stoff zum Nachdenken, ob man zustimmt oder nicht!

Robert Koll

Stand: 01.12.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.