St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Juli-GABRIEL 2006

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Christliche Kunst in Dijon, der Hauptstadt Burgunds

Mit einer am 10. April 2006 ausgegebenen Marke zeigt die Post Frankreichs zwei bedeutende Kunstdenkmäler der Stadt Dijon: ein Detail des sogenannten Mosesbrunnens und die Kathedrale St. Bénigne.

Seit 1805 ist die ehemalige Abteikirche St. Bénigne die Kathedrale Dijons. Seit dem 3. Jahrhundert, während dessen der hl. Benignus unter den Römern den Martyrertod erlitt, haben an dieser Stelle mehrere Kirchen auf einem alten Gräberfeld der Christen gestanden. Im Jahr 511 wurden seine Überreste in einer Krypta bestattet, über der 535 eine Basilika errichtet wurde. Ein Neubau erfolgte 871 und wurde in die Obhut von Benediktinern gegeben, die daneben ein Kloster erbauten. Eine dritte nachweisbare Kirche entstand zwischen 1002 und 1018 unter Wilhelm von Volpiano, der mit 12 Mönchen aus dem Piemont gekommen war. Dieser Bau war zu seiner Zeit der größte romanische Kirchenbau Frankreichs; eine Eigenheit war eine dreistöckige Rotunde, die den Chor der Kirche bildete. Heute noch besteht ihr unterstes Stockwerk als Krypta der gotischen Kirche, die ab 1281, nach dem Einsturz des Vierungsturms im Februar 1272, vollständig neu erbaut werden mußte. Diese gotische Kirche war um 1325 vollendet; geweiht wurde sie aber erst am 9. April 1394.

Es handelt sich um einen Bau mit einem einzigen Schiff, das fünf rechteckige Joche hat. Vom romanischen Vorgängerbau blieb das Eingangsportal erhalten, das von zwei Türmen mit quadratischem Grundriß eingefaßt wird; die letzte Etage der Türme ist achteckig ausgeführt. Charakteristisch für diese Kirche wie auch für andere berühmte Gebäude in Burgund sind die Dächer mit glasierten farbigen Dachziegeln, wie dies auch auf der neuen Briefmarke zum Ausdruck kommt. Diese Ziegel, die in geometrischen Mustern mit den Grundfarben Gelb, Grün, Rot und Braunschwarz angeordnet sind, folgen allerdings einer „Tradition“, die erst im 19. Jh. ihren Ursprung hat. Anzumerken ist schließlich, daß seit 1896 ein Spitzturm die Vierung der Kathedrale ziert.

Auf der linken Seite der Marke sehen wir zwei Figuren des sogenannten „Mosesbrunnens“ aus der ehemaligen Kartause von Champmol am Stadtrand von Dijon. Die Herzöge von Burgund stifteten im Westen ihrer Hauptstadt die Kartause von Champmol, als Grablege ihrer Dynastie, deren Bau 1383 begonnen wurde. War der Bau bereits 1388 vollendet, so zog sich seine Ausstattung doch noch weit bis ins 15. Jh. hinein hin. In der Mitte des Innenhofs des Klosters mit seinen Einzelzellen stand ein Calvaire*, dessen unterer Teil der heutige „Mosesbrunnen“ ist.

Dem heutigen Besucher erschließt sich dieses Kunstwerk erst, wenn er in das Innere der Anlage des gegenwärtigen Psychiatrischen Hospitals gelangt; unter einem „Käfig“ aus Stahl und Glas fristet es sein Dasein in einer abgelegenen Ecke des Parks. Kein Geringerer als der flämische Künstler Claus Sluter hat diesen Calvaire zwischen 1395 und 1405 geschaffen. Dieser „Mosesbrunnen“ ist der sechseckige Sockel des Calvaire, dessen Krönung, die Kreuzigungsszene mit Jesus am Kreuz, Maria, Johannes und Maria Magdalena seit der Französischen Revolution verschwunden ist.

Sechs große Statuen des Mose und der Propheten David, Jeremia, Sacharja, Daniel und Jesaja stehen an den sechs Seiten des Sockels. Es sind Portraits von einem bewegenden Realismus, das des Mose wahrscheinlich das am stärksten beeindruckende und damit wohl auch der Namensgeber der gesamten Gruppe. Jeder trägt ein Schriftband mit einer Prophezeiung, die auf das Leiden Jesu bezogen ist, ein sechsstimmiger Klagegesang, der rings um den Sockel zum Kreuz Christi aufstieg. Auf der Marke sehen wir Mose, kenntlich an den „Hörnern“ und den Gesetzestafeln, die er in seiner rechten Hand trägt; neben ihm König David.

Als Beispiel seien hier die Worte der zwei Gestalten der Briefmarke zitiert, und zwar für Mose: „Immolabit eum universa multitudo filiorum Israel ad vesperam – die gesamte Schar der Söhne Israels soll es zum Abend opfern“ und für David: „Foderunt manus meas et pedes meos, dinumeraverunt omnia ossa mea – sie haben meine Hände und Füße durchbohrt, alle meine Gebeine haben sie gezählt“.

GJT     

* Einen Bericht über die Calvaires (Kalvarienberge) in der Bretagne finden Sie im GABRIEL, Juli 2006, unter dem Titel "Plastische Mysterienspiele in der Bretagne"

Stand: 28.07.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.