St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem März-GABRIEL 2006

Zurück


"Gute-Zwecke-Marken" aus den Niederlanden

Seit Jahrzehnten gibt die Post unseres Nachbarlands Briefmarken mit Zuschlägen aus, die für wohltätige Organisationen bestimmt sind; dazu gehören die Sommermarken, die Marken "Voor het Kind" und Marken zu besonderen Anlässen. Seit einigen Jahren gibt es auch die sogenannten Dezembermarken, bestimmt für die Weihnachtspost, wobei der Name „Weihnachtsmarken“ wohl strikt vermieden wird, damit nur ja kein Postbenutzer sich in seiner religiösen oder auch nicht religiösen Auffassung verletzt fühlen möge.

Wie erfreut waren wir aber zum Ende des vorigen Jahres, als die niederländische Post neben den Dezembermarken und den personalisierten Dezembermarken eine dritte Art von Marken ausgab: die "Goede Doelenzegels"– Marken für den guten Zweck, zum Nennwert von 29 c plus 10 c Zuschlag. Dabei kann der gute Zweck sogar doppelt aufgefaßt werden: zum ersten ist das Porto, gültig für Sendungen zwischen dem 24.11.2005 und dem 6.1.2006 nur 29 c statt der üblichen 39 c, und zum zweiten gehen 10 c je Marke an einen guten Zweck, d.h. an eine von 10 auf dem Oberrand des Blocks genannten wohltätigen Organisationen.

Unsere Freude gründet sich aber vor allem auf den Motiven dieser 10 Werte, die als selbstklebende Marken in einem Block zusammengefaßt sind. Es handelt sich nämlich um Darstellungen aus der Weihnachtsgeschichte der Bibel aus der Buchmalerei oder der Malerei des 15., 16. und 17. Jahrhunderts. Wir folgen in der Markenbeschreibung den Ausführungen des niederländischen Gildenblatts vom Dezember 2005.


 







Von links nach rechts bilden jeweils die obere und die untere Marke ein Ereignis der Weihnachtsgeschichte ab:

- die Verkündigung an Maria
- Jesu Geburt
- die Anbetung der Hirten
- die Anbetung der Drei Weisen
- die Flucht nach Ägypten.






Die Verkündigung an Maria
Die obere Marke zeigt eine Miniatur aus einem Stunden- und Gebetbuch eines unbekannten Meisters (des Meisters des Wodhull-Harberton-Stundenbuchs, der in Delft wirkte) um 1490/1495. Das Bild ist ein Beispiel perspektivischer Wiedergabe eines Innenraums aus der Zeit um das Ende des 15. Jh. In der Szene sehen wir Einzelheiten wie das Bett, insgesamt entspricht die Darstellung anderen Gemälden der gleichen Zeit.

Die Vorlage für die untere Marke ist ebenfalls eine Miniatur aus einem Stundenbuch eines unbekannten Meisters, das um 1510 entstanden ist. Auch hier befinden sich Maria und der Erzengel Gabriel in einer häuslichen Umgebung, reich mit Vergoldungen ausgestattet; und auch hier gibt die perspektivische Darstellung den Gestalten Raum. Der Engel verkündet Maria die Botschaft von der Empfängnis des Kindes, Maria lauscht mit gefalteten Händen. Die über dem Engel schwebende Taube symbolisiert das Wirken des Heiligen Geistes. Der Engel hält in der linken Hand eine Lilie, während seine Rechte seine Ansprache unterstützt. Das Gebetbuch auf den Knien Marias weist darauf hin, daß sie durch den Verkündigungsengel in ihrer Andacht überrascht wurde.

Jesu Geburt
Die obere Marke gibt eine Tafel eines mittelrheinischen Altars aus der Zeit von 1405 bis 1414, eine Temperamalerei auf Holz, 74 x 60,5 cm, wieder. Diese Tafel gehört wie die Vorlage der vierten Marke der unteren Reihe zu den Resten eines Flügelaltars eines unbekannten Meisters, die jetzt im Museum des Katharinenklosters in Utrecht stehen. 1850 nämlich entdeckte der Geistliche und Kunstkenner Seydell in einer Dorfkirche im Rhein-Main-Raum zwei Flügel als einzige Reste eines großen Marienaltars, die an den Wänden befestigt waren. Bei der Restaurierung wurden die Flügel so zersägt, daß alle Bildtafeln der Vorder- und Rückseiten gleichzeitig zu sehen sind.

Maria liegt auf einem Lager im ärmlichen Stall und drückt das Jesuskind an sich. Dies weist auf ihre Mutterschaft hin und auf die Menschheit Jesu. Joseph links im Vordergrund rührt in einem Breitopf, der auf dem Feuer steht. Einer seiner Füße ist unbekleidet, Ausdruck der Legende, wonach Joseph einen Socken in Ermangelung richtiger Windeln zum Wickeln des Kindes hergegeben hat. Ochs und Esel stehen hinter einem sarkophagähnlichen Futtertrog.

Das Motiv der unteren Marke beruht auf einem Gemälde von Adriaen Isenbrant, zwischen 1525 und 1534 in Brügge angefertigt, Ölfarbe auf Holz (20,8 x 16,8 cm). Mit diesen Maßen ist die Tafel etwa eineinhalbmal so groß wie ein Briefumschlag. Diese Art von Bildern waren Andachtsbilder in den Häusern, vor denen die Familien beteten. Den Hintergrund des Gemäldes bildet eine Landschaft. Die Nacktheit des Kindes mit seinen Geschlechtsmerkmalen, eine im 15. und 16. Jh. übliche Darstellungsweise, bringt sein verletzliches Menschsein zum Ausdruck. Der traurige Blick der Mutter gibt bereits eine Vorahnung auf den späteren Opfertod des Kindes zur Rettung der Menschheit preis.

Die Anbetung der Hirten
Die Abbildung der oberen Marke beruht auf einem Tafelbild aus Holz (154,5 x 153,6 cm), einem Ölgemälde von P. de Grebber, entstanden im Jahr 1633. Von oben links fällt ein helles Licht auf die beiden Hauptpersonen Maria und das Jesuskind. Die übrigen Personen, Joseph und die Hirten, werden unterschiedlich beleuchtet; entsprechend der Grundauffassung des Barock drücken diese Figuren Bewegung und Lebendigkeit aus, hervorgehoben wird dies noch durch den dunklen Hintergrund. Auf dem Tafelbild selbst, auf der Marke nicht zu erkennen, steht unten vor der Krippe die Signatur des Malers P. DG 1633; auch die Schrift auf dem von den Engeln oben links gehaltenen Band, die Noten eines zweistimmigen „Ehre sei Gott in der Höhe“ sind nur auf dem Original zu lesen.

Die untere Marke gibt das Mittelstück eins Triptychons wieder (45,4 x 31,1 cm), das zwischen 1495 und 1504 von einem Meister van Morrison gemalt wurde. Maria kniet, ebenso wie zwei Engel, anbetend vor der Krippe mit dem Jesuskind. Links sehen wir zwei erstaunte Hirten, während Joseph von rechts zu der Szene hinzutritt. Hinter den Personen führt eine dreistufige Treppe ins Freie, und die geöffnete Tür gibt den Blick auf eine Hügellandschaft frei.

Die Anbetung der Weisen
Wie bereits vermerkt, stammt die Vorlage für die vierte Marke der oberen Reihe vom gleichen Altar wie die der zweiten oberen Marke. Auf der linken Seite thront die gekrönte Maria mit dem Jesuskind, beide mit einem Heiligenschein versehen. Vor dem Goldhintergrund des Gemachs treten die Drei Weisen oder Könige ehrfürchtig auf das Kind zu. Der älteste, Melchior, hat sich niedergekniet und küßt die eine Hand des Kindes, das mit der anderen Hand ein Goldstück aus dem dargebotenen Kelch nimmt. Der zweite König, Balthasar, schaut gebeugt zu, er hält eine Krone in seiner Rechten und einen Goldpokal in seiner linken Hand. Der schwarze Caspar, der den schwarzen Erdteil verkörpert, bringt einen Pokal, der mit einem Kreuz bekrönt ist.

Die untere Marke dieser Gruppe zeigt Maria und das Kind mit zwei der Drei Weisen. Die Markenvorlage ist die Mitteltafel (104 x 66,5 cm) eines Triptychons, auf dem Joseph auf dem rechten und Caspar auf dem linken Flügel abgebildet sind. Das Gemälde wird Pieter Coecke van Aelst und seiner Werkstatt zugeschrieben und ist zwischen 1515 und 1524 entstanden. Aus der gleichen Werkstatt stammen auch ähnliche Bilder wie das hier gezeigte.

Die Flucht nach Ägypten
Die Abbildung der Flucht nach Ägypten auf der fünften Marke oben stammt aus einem Stunden- und Gebetbuch eines unbekannten Meisters, entstanden in der zweiten Hälfte des 15. Jh. Maria hält das fest gewickelte Jesuskind in ihren Armen und sitzt auf dem Esel, den Joseph mit besorgtem Blick auf die beiden vorwärts führt. Die Konturen der Personen und ihrer Kleidung sind scharf herausgezeichnet, die Farben der Gewänder weisen im Gegensatz zu denen der Marke darunter wenige Schattierungen auf.

Auch die Darstellung der letzten Marke geht auf ein Stundenbuch zurück, das Werk eines unbekannten Meisters aus Paris, entstanden im Jahr 1510. Wieder sitzt Maria mit dem Kind auf dem Esel, frontal zum Betrachter ausgerichtet. Joseph blickt vor sich auf den Weg, wir befinden uns in der Umgebung einer mittelalterlichen Stadt mit Kirchen und Türmen. Am rechten Bildrand stehen zwei Engel, scheinbar im Gespräch über die Flucht der Heiligen Familie. Die Farben dieser Miniatur und die gesamte Ausführung ähneln der der ersten Marke der unteren Reihe.


Im Mitteilungsblatt der niederländischen Gilde wird darauf hingewiesen, daß dies das erste Mal ist, daß die Post Marken mit Malereien ausgibt, die die biblische Botschaft entsprechend der Lehre der katholischen Kirche offen, unverblümt und überzeugend zum Ausdruck bringen. Einen zentralen Platz nimmt darin die Marienverehrung ein. Ein Einfluß der Reformation, die seit 1517 mit Luther und Calvin ihren Anfang nahm, ist in diesen Malereien nicht anzutreffen. Die Post sei immer mit religiöser Kunst sehr sparsam umgegangen, da man in den Niederlanden mit derartigen Abbildungen auf Briefmarken nicht Anstoß erregen wollte. Aus diesem Grunde nannte man die Dezembermarken auch nicht Weihnachtsmarken. Nach reiflicher Erwägung und internen Diskussionen hat man sich aber in diesem Jahr zugetraut, Briefmarken mit stark religiös gefärbten Motiven herauszugeben.

GJT, nach Informationen des niederländischen GABRIEL

Stand: 21.09.2006    © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.