St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Februar-GABRIEL 2006

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850 Jahre Michaelskirche in Schwäbisch Hall

Am 9. Februar gibt die Deutsche Post eine Sondermarke heraus, die dem 850jährigen Bestehen der St. Michaelskirche in Schwäbisch Hall gewidmet ist. Sie zeigt die Kirche, die die Dächer der Altstadt weit überragt. Diese Kirche wurde am 10. Februar 1156 vom Würzburger Bischof Gebhard geweiht. Das Jahr 1156 ist zugleich das Jahr, in dem Friedrich Barbarossa der Stadt die Stadt- und Marktrechte verlieh, ebenso die erste schriftliche Erwähnung dieser sehr viel älteren Stadt. Bereits in vorchristlicher Zeit bestand hier eine Ansiedlung, in der die Kelten die dort vorhandene Solequelle nutzten. Die Salzgewinnung schuf den Reichtum der ehemals freien Reichsstadt und gab ihr auch ihren Namen. Aus der berühmten Münzstätte der Stadt kam eine Münze, die als „Häller“, später „Heller“ ihren Siegeszug über ganz Europa nahm.

Zurück zur Michaelskirche: Die 1156 geweihte Kirche war eine dreischiffige romanische Basilika mit zwei Osttürmen, halbrunder Apsis und einem wuchtigen Westturm. Von diesem sind, auf der Briefmarke gut zu erkennen, die vier unteren Geschosse bis in unsere Zeit erhalten. In  der Turmvorhalle befindet sich eine Michaelsstatue von 1290; eine weitere Statue des Erzengels, mit Schwert und Waage als Seelenwäger, steht außen an der Südostecke des Chors: diese Skulptur von Hans Beyscher, um 1520, ist  auf dem Berliner Ersttagsstempel abgebildet. – Die Madonna mit Kind im gotischen Vierpaß, dargestellt auf dem Bonner Ersttagsstempel, kann ich zur Zeit nicht zuordnen.

Von 1427 bis 1456 erfolgte der Neubau des Langhauses als gotische Halle. Konrad von Nürnberg und Nikolaus Eseler d. Ä. von Alzey sind seine Baumeister. Als letzte Baustufe folgte von 1494 bis 1527 der Neubau des Chors, von Hans Schaub und Konrad Haller. 1573 schließlich erhielt der Turm seine achteckige Bekrönung mit ihrem kuppelförmigen Abschluß. Die majestätische Westfront mit ihrem in der Mitte vorspringend angeordneten Turm wird zusätzlich hervorgehoben durch die vom Marktplatz aufsteigende riesige Freitreppe mit ihren 53 Stufen; sie wurde zwischen 1507 und 1511 erbaut und dient seit 80 Jahren den Haller Freilichtspielen als Bühne (s. auch Bildpostkarten der Bundespost).

Das Innere gliedert sich, wie auch von außen und auf der Marke gut zu sehen, in das Langhaus und in den Chor. Wirkt das erstere in seinen merkwürdigen Maßverhältnissen gedrungen und unfrei, so ist der jüngere Chor ein Meisterwerk der späten Gotik, lichtdurchflutet und befreiend, mit schlanken Pfeilern und schmalen Seitenschiffen. Trotz ihrer Verschiedenheit und des 50 Jahre betragenden Unterschieds in der Bauzeit sind sowohl das Langhaus wie der Chor „parlerisch“ beeinflußt: der Langhausmeister Konrad kam von der Bauhütte der Nürnberger Frauenkirche, der Meister Hans Schaub vom Bau der Heilig-Kreuz-Kirche in Schwäbisch Gmünd, dem schwäbischen Hauptwerk der Parler.

Das Kircheninnere besitzt eine reiche Ausstattung; erwähnt sei der Hochaltar, ein niederländisch geprägtes Werk um 1470 und das Chorgestühl von 1534, bereits eine Schöpfung aus protestantischer Zeit; die Reichsstadt hatte sich  nämlich 1530 zur Reformation bekannt, nachdem bereits 1525 Johannes Brenz (1499 bis 1570) das Abendmahl unter beiderlei Gestalt gespendet hatte. Auch in der Sakristei finden wir einen an Riemenschneider anklingenden Altar, den Michaelsaltar des bereits oben genannten Hans Beyscher, um 1510. Zur Bewahrung dieser Ausstattung schreibt Reclams Kunstführer: „Die Bewahrung zahlreicher Stücke aus der ursprünglichen Ausstattung wird der pietätvollen Haltung des hallischen Protestantismus verdankt“ – Gedanken an einen wie auch immer gearteten Bildersturm fanden in Hall also kein Echo. Der bereits erwähnte Johannes Brenz hatte seinem Landesherren, Herzog Ulrich, auf dem sog. „Götzentag“ 1537 in Urach, bei dem es um die Abschaffung der Bilder ging, den Rat gegeben, diejenigen Bilder zu belassen, die kein Ärgernis geben.

Hinzuweisen ist noch auf das Grabmal der Familie Bonhoeffer auf der Nordseite des Chors, der Ahnen des von den Nationalsozialisten ermordeten Dietrich Bonhoeffer.

GJT                  

 Stand: 15.02.2006    © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.