St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Oktober-GABRIEL 2005

Zurück


Das Wunder von Dresden

Fünfundvierzig Jahre galt die Ruine der Frauenkirche auf dem Dresdner Neumarkt als das Mahnmahl gegen Krieg, Leid und Zerstörung. Wie ein warnender Finger zeigten die verbliebenen Bruchstücke gegen den Himmel, als wollten sie sagen: „Vertraut auf Gott und nicht auf Roß, Reiter oder Panzer!“ Zum Zeichen des Friedens zündeten Ende der 1980er Jahre Jugendliche aus den verschiedenen Kirchen der Stadt Kerzen alljährlich am 13. Februar abends an der zerstörten Frauenkirche an. Es war so etwas wie eine Gegendemonstration zum staatlich verordneten Gedenken an die Zerstörung Dresdens durch alliierte Bomber am Ende des Zweiten Weltkrieges. War das Licht der Kerzen auch schwach, so spendete es doch Hoffnung und Zuversicht für die Menschen in einer tristen und bevormundeten Zeit.

An einen Wiederaufbau dachte in der DDR niemand. Es fehlten einfach die Baustoffe und das Geld in der sächsischen Landeskirche. Vom staatlichen Einverständnis und Aufbauwillen ganz abzusehen. Doch dann kam der Herbst 1989. Neue Hoffnung keimte auf im Lande. Schneller als von allen erwartet, änderten sich die politischen Verhältnisse in der DDR. Plötzlich tauchte der Gedanke des Wiederaufbaus der Frauenkirche auf. Erst waren es Einzelne, die sich daran machten, ein Wunder geschehen zu lassen. Sie rechneten nicht zuerst mit der ungeheuren millionenfachen Bausumme, sondern mit dem Willen der Dresdner, ihren einstmals weltberühmten Canalettoblick wiederzubekommen.

Spätestens als neben der Baustelle die meterlangen Regale mit den aus der Ruinenstätte geborgenen Tausenden von Mauerstücken zu sehen waren, lenkten die letzten Skeptiker ein. Selbst die alte Turmuhr wurde geborgen. Es gleicht einem archäologischen Puzzlespiel, daß all die gefundenen Mauerstücke wieder ihren ursprünglichen Platz in der neuen Frauenkirche gefunden haben. Dabei folgten die Architekten beim Wiederaufbau den Spuren des legendären Ratszimmermeisters George Bähr. Freilich unter Berücksichtung neuester statischer Erkenntnisse und der Bauphysik.

Was keiner beim ersten Spatenstich zu den Enttrümmerungsarbeiten ahnte, der Wiederaufbau wurde zum deutschlandweiten und dann weltweiten Medienereignis. Wohl keiner anderen Kirche wurde dies wie der Frauenkirche zuteil. Jeder Bauabschnitt wurde mit Kameras festgehalten und dokumentiert. Die Faszination dieser Bilder zog Jung und Alt in den Bann und trug wohl wesentlich zu einer populären Spendenbereitschaft bei. Selbst eingefleischte Atheisten zeigten sich beeindruckt vom sichtbarem Baufortschritt im Zentrum Dresdens.

Seit 1996 zog die instand gesetzte und wiedergeweihte Unterkirche Besucher aus aller Welt an. Sie war der Tip für außergewöhnliche musikalische Aufführungen. Ein ganz besonderer Höhepunkt des Jahres 2000 war die feierliche Übergabe des Kuppelkreuzes der Frauenkirche. Das über sieben Meter hohe Kuppelkreuz fertigte ein englischer Kunstschmied nach vorhandenen Originalvorlagen.

Mit dem Abschluß der Bauarbeiten und der Weihe der Frauenkirche am 30. Oktober 2005 ist die wohl letzte Wunde Dresdens geheilt. Narben werden bleiben, sichtbar in den dunkel aussehenden Trümmerstücken aus der alten Frauenkirche, uns immer mahnend, wie einst die Ruine.

Die neue Frauenkirche schließt aber nicht nur eine architektonische Lücke, sondern auch eine theologische im weitestgehenden Sinn. Befindet sich doch in unmittelbarer Nähe die vor vielen Jahren wiederaufgebaute katholische Hofkirche. Und wer von der Frauenkirche in Richtung Carolabrücke geht, entdeckt dort die 2001 geweihte Synagoge. Mögen diese drei Gotteshäuser zum Segen der Stadt werden.

Albrecht Kalusche

Stand: 20.11.2005    © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.