St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem September-GABRIEL 2005

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Der Augsburger Religionsfriede 1555

Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555 gehört zu den Grundereignissen der deutschen Geschichte. Mit der reichsrechtlichen Anerkennung der evangelischen Kirche und dem Schutz des Landfriedens für die beiden großen Konfessionen im Reich brachte er einen gewissen Abschluß der deutschen Reformation. Dieser Reichstagsabschied beendete die seit dem Wormser Edikt von 1521 über das katholische Verbot und den Widerstand der evangelischen Bewegung ausgebrochenen Verfassungswirren. Die Geschichtsschreibung sieht den Augsburger Religionsfrieden als Epochengrenze, als das Ende des Reformationszeitalters. Zu seinem 450. Jahrestag erscheint am 8. September ein Sonderpostwertzeichen, das den sogenannten Friedensengel abbildet, der sich in der Augsburger St. Annen-Kirche befindet.

Die Reformationsgeschichte ist hinreichend bekannt. Sie begann 1517 mit den 95 Thesen Martin Luthers, bekam durch das Wormser Edikt einen Rückschlag, der aber die Entwicklung nicht stoppte. Versuche, durch theologische und politische Kompromisse die Einheit der Kirche zu erhalten bzw. wieder herzustellen scheiterten an extremen Positionen auf beiden Seiten. Kaiser Karl V. versuchte mehrfach, auf diplomatischem Weg den Religionsfrieden herzustellen, aber der Papst weigerte sich bis 1545, auf einem Konzil eine Klärung herbeizuführen. Und nun war es zu spät. Auch der Augsburger Reichstag 1530 hatte das Ziel, einen vorläufigen Ausgleich in der Religionsfrage zu erreichen. Die Confessio Augustana wurde von vielen als Grundlage hierfür angesehen, aber sie wurde von katholischen Theologen mit der Confutatio abgelehnt. Der Kaiser wollte es anders.

Nach dem Tode Martin Luthers 1546 und während des aussichtslos erscheinenden Konzils in Trient versuchte Kaiser Karl V. nun, die Probleme der Kirchenspaltung mit Gewalt zu lösen. Es kam zum Schmalkaldischen Krieg, in dem er 1547 bei Mühlberg an der Elbe die evangelischen Stände mit Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Philipp von Hessen an der Spitze besiegte. An seiner Seite kämpfte Herzog Moritz von Sachsen, der damit weite Teile des ernestinischen Sachsens und die Kurwürde erwarb. Er war zwar evangelisch, aber kaisertreu und vor allem ehrgeizig und habsüchtig. Im Augsburger Interim von 1548 sollte eine Basis für eine Reunion der Protestanten mit den Katholiken geschaffen werden. Die Kaisertreue des Herzogs – jetzt Kurfürst – Moritz brach bald in sich zusammen. 1552 setzte er sich mit anderen Reichsfürsten zusammen, schloß ein Bündnis mit dem französischen König Heinrich II. und kämpfte erfolgreich gegen den Kaiser. Dieser mußte fliehen und sah sich nun gezwungen, den evangelischen Ständen entgegen zu kommen. Wegweisend war der Passauer Vertrag von 1552, der auf einen baldigen Reichstag verwies. Bis dahin waren Lutheraner und Altgläubige zu friedlichem Verhalten verpflichtet.

Diesen Reichstag eröffnete König Ferdinand I. (Bruder des Kaisers) am 5. Februar 1555 in Augsburg. Die Proposition für den Reichstagsabschied beruhte im wesentlichen auf vorausgegangenen Verhandlungen Ferdinands mit dem Kaiser in Brüssel auf der einen und mit protestantischen Ständen auf der anderen Seite. Es kam zu einer Interessengemeinschaft zwischen den Kräften, denen der Frieden im Reich mehr am Herzen lag als die Wiederherstellung der religiösen Einheit. Diese galt zwar als wünschenswert, ihre Verwirklichung wurde aber der Zukunft anheimgestellt.

Das Recht des Kaisers auf Konfessionsbestimmung wurde ihm entzogen und den Territorialfürsten übertragen (cuius regio eius religio). Damit war eine wirkliche Religionsfreiheit immer noch nicht gewährleistet und der Gegenreformation der Boden geebnet. Auch galt das neue Recht nur für Katholiken und Lutheraner, nicht aber für die Reformierten und anderen neuen Gemeinschaften. Freie Religionswahl hatten nur die reichsunmittelbaren Fürsten, Grafen, Ritter usw. sowie die Bürger von Reichsstädten. Für evangelische Territorien entfiel mit der Konfessionswahl die bisherige geistliche Jurisdiktion der Bischöfe. Diese nahmen nun die politischen Territorialherren als sogenannte „summi episcopi“ (oberste Bischöfe) selbst in die Hand. Geistliche Reichsfürsten verloren ihr Fürstentum, wenn sie evangelisch wurden, weil das katholische Bekenntnis die Voraussetzung für ihre politische Herrschaft war. Wer der Konfession seines Landesherrn nicht folgte, mußte das Land verlassen.

Der Augsburger Religionsfriede war kein Ausgleich im Glaubensstreit selbst, er war lediglich eine Friedensordnung. Er schloß den fortdauernden kirchlich-theologischen Streit nicht aus, verwies ihn aber auf friedliche Wege und zähmte ihn damit politisch. Auch die Verfügung über Kirchengut war darin eingeschlossen.

Der Friede hielt bis 1618. Dann brach der Dreißigjährige Krieg aus. 1648 wurde im Westfälischen Frieden der Religionsfrieden wieder hergestellt. Er wurde tragendes Reichsgrundgesetz und bestimmendes Element der deutschen Geschichte bis 1806. Indem er das Bekenntnis an das Territorium (und nicht mehr an den Herrscher persönlich wie zuvor) band, legte er die Mehrkonfessionalität in Deutschland fest, begünstigte die Entwicklung der Territorien zu größerer staatlicher Selbständigkeit und verschaffte den Konfessionen die Möglichkeit, sich dogmatisch, institutionell und auch kulturell zu entfalten.

JDA               

Stand: 20.11.2005    © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.