St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem März-GABRIEL 2005

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Der jüdische Gelehrte Raschi 1040 – 1105

Dieser jüdische Humanist, der Verständigung zwischen Juden und Christen zugewandt, Meister Salomon, Sohn des Isaak (Salomo ben Isaak), ist vor allem unter dem Namen Ra(s)chi bekannt: ein unbestrittener Meister der biblischen und talmudischen Exegese.

Er stammt aus der kleinen Ortschaft Ramerupt, etwa 30 km von Troyes entfernt, wo er wahrscheinlich 1040 geboren wurde. Hier studiert er auch, dann in Worms und in Mainz, dem damaligen Sitz des Primas Germaniae. Nach seiner Rückkehr nach Troyes gründet er seine eigene Jeschiwa, ein höheres Institut für rabbinische Studien, wo man den Talmud studiert. Der Talmud ist eine Zusammenfassung von Lehren über das mündlich von berühmten Rabbinern in Jerusalem und Babylon während der ersten Jahrhunderte nach Chr. weitergegebene Gesetz. Raschi studiert und lehrt seine eigenen Auslegungen der Bibel und des Talmud, und seine Texte bleiben eine unerschöpfliche Quelle von Kenntnissen. Seit seiner Zeit gibt niemand Kommentare zum Talmud, ohne auf seine Arbeiten hinzuweisen. Der Ruf der Jeschiwa Raschis übertrifft bei weitem die Grenzen der Champagne; sie war die bedeutendste seiner Zeit. Seine zahlreichen Schüler loben die Güte des ihres Lehrers, unterstreichen die Qualität seiner Lehre und weisen auf seinen offenen und toleranten Charakter hin. Seine Bibel- und Talmud-Exegese macht aus Troyes ein glänzendes Zentrum des europäischen Judentums. Ganz allgemein ist das 11. Jh. in der Champagne und anderswo für die Juden eine angenehme Epoche. Wenn sich auch die katholische Kirche ihnen gegenüber zurückhaltend erwies, so gewährten ihnen die Könige hingegen Toleranz, ein freies Niederlassungs- und Bewegungsrecht und die Betätigung in vielen Berufen. Troyes war damals eine „europäische“ Stadt weit vor der Zeit.

Raschi machte sich um so leichter verständlich als er auf Hebräisch ein einfaches Vokabular gebrauchte und einen präzisen wie knappen Stil pflegte. Häufig verwendet er Worte aus der vom Volk gesprochenen Sprache. Aus dem Hebräischen übersetzt sind diese Worte (man spricht von ca. 1000) integraler Bestandteil seiner Texte, und ihre Bedeutung ist auch für die Kenntnis des Alt-Französischen sehr wichtig. Hinzu kamen Übersetzungen ins Deutsche und Slowenische.

So ist das Werk Raschis der älteste Versuch eines jüdisch-christlichen Wörterbuchs im 11. und 12. Jh., einer Zeit in der die französische Sprache entstand und bald zur internationalen Kommunikations-Sprache wurde. Raschi hat sich immer auf seine Zugehörigkeit zu Frankreich berufen und sich gegenüber seinem Vaterland dankbar gezeigt. Im mittelalterlichen Europa ist Raschi derjenige, der es fertiggebracht hat eine gemeinsame Ebene zwischen Vernunft und Mystik zu schaffen, zwischen der jüdischen und der christlichen Denkungsart. Er starb am 13. Juli 1107 in Troyes.

GJT, nach dem Text der franz. Post und Neues Lexikon des Judentums von J.H. Schoeps     

Stand: 10.04..2005    © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.