St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem März-GABRIEL 2004

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Das Zisterzienserinnen-Kloster Porta Coeli - ein frühgotisches Kleinod in Mähren

Zur Internationalen Briefmarken-Ausstellung in Brünn 2005 erschien am 15. Oktober 2003 in Tschechien als erste Ausgabe eine Marke zu 6,50 Kronen. Das auf ihr gezeigte Tympanon ist Teil des Westportals der ehemaligen auf dem Markenheft dargestellten Klosterkirche. Die gesamte Klosteranlage zählt zu den bedeutendsten Baudenkmälern Tschechiens und ist baugeschichtlich einmalig in Mitteleuropa.

Im Tympanon sehen wir Maria als Patronin aller Zisterzienserklöster und Johannes d. T. als Patron der Diözese Brünn, die sich Christus in der Mandorla zuneigen. An den Rändern sind die vier Evangelisten-Symbole erkennbar. Im unteren Teil knien die königlichen Stifter mit dem Kloster-Modell. Rechts sieht man Königin Konstanze, Tochter des ungarischen Königs Bela II. und Schwester des Königs Andreas von Ungarn. Sie war die zweite Frau bzw. Witwe des Königs Ottokar I. Przemysl und Mutter der 1989 von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochenen Agnes von Böhmen. Bei dem gekrönten Stifter ist man unsicher, ob es sich um Ottokar I. handelt, der schon vor der Gründung gestorben war, oder um seinen Nachfolger, den älteren seiner beiden Söhne, König Wenzel I. Sein jüngerer Sohn, Markgraf Przemysl käme auch als Stifter in Betracht, zumal er die Neugründung mit umfassenden Besitz ausgestattet hat.

Das Tympanon ist von einem ovalen mit Pflanzen- und Tierornamenten verzierten Bogen eingefaßt. Zur Ausschmückung des gesamten Portals gehören sechs weitere kräftige und ebenso gestaltete Bögen sowie Säulen, Kapitelle und Bänder. An seinen beiden Seiten stehen die zwölf Apostel und zwei Löwen. Diese Steinmetz-Ornamentik nach französischem Vorbild ist völlig ungewöhnlich für eine Zisterzienser-Kirche der ersten Hälfte des 13. Jh. Im Schmuck des Westportals zeigt sich der Einfluß der königlichen Stifter, von denen Konstanze 1240 und ihr jüngerer Sohn 1239 in der Kirche bestattet worden sind. Als königliche Abtei hat Porta Coeli (Himmelspforte) über Jahrhunderte hinweg ihre hervorragende Stellung bewahrt.

Der frühgotische Baukomplex entstand im wesentlichen zwischen 1233 und 1240. Die Klosterkirche Mariä Himmelfahrt ist eine dreischiffige Basilika mit fünfseitigem Chorschluß und je einer Kapelle an den Querschiffarmen. Sie wurde 1239 vom Prager Bischof geweiht. Im Grundriß, an einigen großen Rundfenstern und an Bogenfriesen sind noch spätromanische Elemente sichtbar. Das Innere der Kirche ist spätbarock geprägt. Von Franz Anton Maulbertsch (1724-96) stammt das Bild Mariä Himmelfahrt am Hauptaltar.

Das vierflügelige Kloster liegt an der Nordseite der Kirche. An seinem Ostflügel fügte man den heute noch erhaltenen zweischiffigen Kapitelsaal an. Sein Kreuzrippen-Gewölbe ruht auf zwei achtseitigen Pfeilern und auf Konsolen an den Wänden. Ein gleiches Gewölbe bedeckt auch den Kreuzgang, dessen Fenster denen in Heiligenkreuz und Lilienfeld sehr ähnlich sind. In den vier Zierfeldern des Markenheftes sehen wir das Kapitell einer Säule mit Drachenköpfen und Lilien aus dem Kreuzgang. Vor der zweiten Hälfte des 18. Jh. ist das Kloster um zwei weitere vierflügelige Bauten erweitert worden und hat heute somit drei Gevierte.

Königin Konstanze hatte 1233 das Zisterzienserinnen-Kloster im Tal der Schwarzava und der Lautzka gegründet. Es liegt etwa drei Kilometer von Tischnowitz (heute Tisnov) entfernt. Dieser Ort, von 1233 bis 1782 im Besitz des Klosters, gab ihm früher den Namen. Aus den Siedlungen um das Kloster entstand der heutige Ort Vorkloster (Predklásteri) im 16. Jh. Er liegt etwa 24 km NW Brünn. Von den Hussiten 1425 geplündert und halb zerstört, war das Kloster erst nach 20 Jahren wieder hergestellt. Neue Plünderungen erfolgten im 30-jährigen Krieg und 1741 durch die Preußen.

Nach der Aufhebung 1782 diente das Kloster als Textilfabrik. Erst 1861 hat die Zisterzienserinnen-Abtei St. Marienthal in der Lausitz Porta Coeli zurück gekauft. Unter der Wiener Zentral-Kommission erfolgten die notwendigen Restaurierungen. 1901 errichtete man das Kloster als Priorat neu und besiedelte es mit 18 Nonnen aus St. Marienthal. Ein Propst des Zisterzienser-Stifts Hohenfurt in Südböhmen betreute den Konvent. Nachdem der Ort 1782 die ehemalige Klosterkirche als Pfarrkirche übernommen hatte, baute man an der Stelle des alten barocken Kornhauses eine Kapelle in neugotischem Stil für das Priorat. Es entwickelte sich günstig, blieb sogar bis im zweiten Weltkrieg unter deutscher Verwaltung bestehen, bis es dann 1948 geschlossen wurde. In der kommunistischen Zeit durften die Nonnen dort wohnen bleiben und mußten als zivile Angestellte des Landwirtschaftsbetriebes arbeiten, aber erst 20 Jahre später konnten sie wieder ihre Ordenstracht tragen. Das Jahr 1989 brachte den erhofften Neubeginn. 1990 und 1995 gab man dem Konvent alle Bauten des eigentlichen Kloster-Areals zurück, jedoch nicht den früheren Grundbesitz jenseits der alten Klostermauern. Zwei Gevierte sind inzwischen ganz, ein drittes zum Teil wieder hergestellt. Porta Coeli ist derzeit das einzige Zisterzienserinnen-Kloster in Tschechien. Die Abtei St. Marienthal  hat auch heute noch gute Beziehungen zu ihrem alten Priorat.

Literatur: Das Kloster Porta Coeli und das Heimatmuseum der Region Podhoràcko, Brünn 2002.

Walter Stephan    

Stand: 20.04.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.