St. Gabriel,
Patron der
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Motivphilatelie

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Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Februar-GABRIEL 2004

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Lutheraner auf den Färöer-Inseln

Im Gabriel-Heft 11/2003 wurden zwei Neuheiten gemeldet: Färöer 22.9.2003: Lutherische Theologen auf Färöer: 5,00 DKK, Jesper Rasmussen Brochmand (1585-1652) und 6,50 DKK: Thomas Kingo (1634-1703). Bevor wir uns dem Thema nähern, sei ganz kurz auf die Geschichte der Färöer-Inseln und ihre Verbindung zu Dänemark eingegangen:

Im Jahre 1000 wurden die Färöer von Norwegen aus christianisiert und auch politisch integriert. Die hier lebenden Menschen sind Nordgermanen mit eigener Sprache, die etwa zwischen norwegisch und isländisch anzusiedeln ist. 1380 kam es zur Personalunion zwischen den Königreichen Dänemark und Norwegen, in dieser Zeit näherte sich die Inselgruppe mehr Dänemark, bzw. wurde sie vom dänischen König seinem Reich angenähert. Das machte sich besonders bemerkbar im Kieler Frieden von 1814, als sich Norwegen von Dänemark löste. Die Färöer blieben bei Dänemark. Sie haben eine weitgehende innere Selbstverwaltung mit eigenem Parlament und eigener Flagge. Auch eigene Briefmarken gibt es hier, im Michel-Katalog als „Regionalmarken“ bezeichnet. Es liegt nahe, dies mit Bayern und Württemberg zu vergleichen, die auch nach der Reichsgründung 1871 eigene Briefmarken bis Anfang 1920 verausgabten, oder mit Guernsey, Isle of Man, Jersey, Nordirland, Schottland und Wales, die innerhalb von Großbritannien gelegentlich eigene Regionalmarken herausgeben.

Bis zur Reformation waren die Färöer ein eigenes Bistum. Danach wurden sie als Propstei dem Bistum Seeland, also Dänemark, unterstellt; so ist es noch heute.

Jesper Rasmussen Brochmand wurde 1585 als Sohn des Bürgermeisters in Kijøge auf Seeland geboren. Er starb 1652 in Kopenhagen. Brochmand studierte in Leyden und Franeker (beides Niederlande) und wurde 1610 an der Universität in Kopenhagen Professor der Pädagogik und 1613 der griechischen Sprache. Er war ein treuer Bundesgenosse des lutherisch-orthodoxen Theologen Hans Poulsen Resen, dessen Nachfolger er 1615 als Professor der Theologie und 1639 als Bischof von Seeland wurde. Dies war der bedeutendste Bischofssitz in Dänemark und Norwegen, und zu ihm gehörte auch, wie schon erwähnt, die Inselgruppe der Färöer. Zu seinen Aufgaben gehörten Visitationen, die Verbesserung der Predigtkultur und der Katechismusunterricht. Hierin hat er sich Verdienste auch auf den Färöer erworben, wo zu seiner Zeit noch manches verbesserungswürdig war. Brochmand war der bedeutendste dänische Dogmatiker der lutherischen Orthodoxie des 17. Jh. und ein scharfer Polemiker gegen die Jesuiten (Gegenreformation), die Reformierten und die Spiritualisten. Er schaffte den lateinischen Chorgesang ab und führte die Mittwochspredigten während der Fastenzeit ein. Er hat ein umfangreiches schriftliches Werk hinterlassen. In seinem dogmatischen Hauptwerk „Systema“ aus dem Jahr 1633 ist seine konfessionelle Polemik gesammelt. Es wurde auch ins Deutsche übersetzt. Seine Hauspostille mit Predigten über „alle Evangelien und Episteln“ gilt als ein Hauptwerk der dänischen homiletischen Literatur. (Homiletik = Predigtlehre). Als streng orthodoxer Lutheraner nennt er Martin Luther u. a. als seinen Lehrer, nicht aber Philipp Melanchthon, nach dem sich die Philippisten nannten, die einen Ausgleich zwischen Lutheranern und Reformierten suchten.

Thomas Kingo wurde 1634 in Slangerup (Seeland) als Sohn eines Seidenwebers geboren. Er starb 1703 in Odense als Bischof von Fünen. Bis 1677 war er Hauslehrer und Gemeindepfarrer. Kingo stellt in der weltlichen und geistlichen Dichtung den Höhepunkt im dänischen Barock dar. Die Macht des damaligen Königshauses wurde in eindrucksvollen Versen dargestellt. Aber Kingo kannte die Grenzen irdischer Macht: In geistlichen Gedichten findet sich der Hinweis auf den wahren Herrscher über Zeit und Ewigkeit. Seine Kirchenlieder haben ihn bis heute bekannt gemacht.

Kingo und Brochmand sind auf den Faröern geradezu ein Begriff für den alten stillen Gottesglauben, der das gesamte Leben an Sonn- und auch an Wochentagen prägte, bis die Erweckungsbewegungen um das Jahr 1900 ihren Einzug hielten. Obwohl die Färinger auch andere Kirchenlieder sangen und Predigten anderer Art hörten, so hieß es, dass das Gesangbuch von Kingo „ins Blut übergegangen war“, und eine andere Redensart besagte, dass es „still wie bei der Predigtlesung“ war.

Die färöische Kirche ist schon immer Volkskirche im wahrsten Sinne des Wortes gewesen. Denn es war und ist noch heute das Volk, das heißt, die Gemeinde, die dafür sorgt, dass der Gottesdienst an jedem Sonn- und Feiertag zum gleichen Zeitpunkt stattfindet, ganz gleich, ob der Pastor anwesend ist oder nicht. Heute sind Brochmand und Kingo nicht mehr die Einzigen, auf die man sich verlässt. Die drei- bis vierhundert Jahre, die seitdem ins Land gegangen sind, haben auch andere bedeutende Theologen hervorgebracht. Aber diese beiden sind bis heute unvergessen.

Jan-Derk Aengeneyndt

Nach der Theologischen Realenzyklopädie, dem Biographisch-bibliographischen Kirchenlexikon und einer Verlautbarung der Färöischen Postverwaltung.

Stand: 20.04.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.