St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Oktober-GABRIEL 2003

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Drei französische Kirchen neu auf Briefmarken

Im Juni und Juli dieses Jahres hat die französische Post drei neue Marken ausgegeben, die Kirchen des Landes zeigen: Die Wallfahrtsbasilika von Notre-Dame de l’Epine, die Kathedrale von Tulle im Département Corrèze und die Kirche des Dorfes Saint-Père unterhalb des Hügels von Vézelay.

Die Basilika von Notre-Dame de l’Epine (U. L. Frau in den Dornen) hat ihren Ursprung in einer Begebenheit, die aus dem Beginn des 14. Jh. berichtet wird. Hirten hätten eine Statue der Madonna in einem brennenden Dornbusch gefunden, ein Anklang an den brennenden Dornbusch, in dem Gott dem Mose erschienen ist. Was lag näher, als dieser Statue eine angemessene Heimstatt in Form einer großen Kirche zu geben, aber es fehlte an Mitteln dazu. Glücklicherweise zog die Madonna berühmte und begüterte Pilger an: die Könige Karl VII. und Ludwig XI., dann der „gute“ König René von Anjou, Herrscher des benachbarten Herzogtums Bar, die alle kamen, um das wunderbare Bild zu verehren.

Von weither schon sieht man die auf einer kleinen Anhöhe in der weiten Ebene zwischen den Argonnen und der Marne, wenige Kilometer östlich von Chalons-sur-Marne liegende Wallfahrtsbasilika. Sie ist ein Juwel spätgotischer Architektur, nach einem Wort Paul Claudels „eine brennende Stätte und ein blühender Rosenstrauch“. Erbaut wurde sie im 15. Jh., fertig gestellt 1527. Die Fassade, die wir auf der Marke abgebildet sehen, hat eine überaus reiche Ausschmückung; drei Portale führen in das Kircheninnere, über dem Mittelportal befindet sich eine große Rosette, die der vieler Kathedralen nicht nachsteht. Ungleich sind die zwei Türme der Fassade, der rechte ist 55 m hoch, der linke wurde in der Revolutionszeit 1798 bis auf die obere Plattform abgebrochen, um eine Relais-Station für den Chappe-Telegraphen einzurichten. Erst 1868 erhielt er wieder sein ursprüngliche Spitze. Neben dem Schmuck der Fassade werden vor allem die zu beiden Seiten der Kirche angeordneten Wasserspeier beachtet: böse Geister und Laster darstellend, die durch die Kraft Gottes aus dem Kircheninnern vertrieben wurden.

Auf der Marke nicht sichtbar, aber aus dem Ensemble herausgehoben, ist das Portal des südlichen Querschiffs. Seine Skulpturen erinnern an die Kathedrale in Reims (die zuständige Bischofsstadt), und der Türsturz zeigt Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers.

Das Innere ist Ausdruck des reinen gotischen Stils; ein Lettner, einer der wenigen, die die Stürme der Revolution überlebt haben, trennt das Langhaus vom Chor, in dem sich die Statue der Madonna befindet, die auch heute noch Scharen von Pilgern anzieht. Notre-Dame de l’Epine gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO und ist eine Station auf einem Nebenweg der Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela.

Die Kathedrale von Tulle ist eines der Bauwerke, die auf der Marke für diese Stadt dargestellt ist. Die Ursprünge dieser Stadt, Hauptstadt des Départements Corrèze, im Innersten Frankreichs, gehen auf die Zeit der Karolinger, wenn nicht gar auf die Römerzeit zurück. Den Beginn des Baus der Kathedrale datiert man auf das Jahr 1103, im Jahr 1307 wird die Stadt, nach Limoges die zweite Stadt im Limousin, auf Betreiben des Abtes Arnaud de Saint-Astier Bischofssitz und dieser erster Bischof.  Lange währten der Streit und Prozesse mit der vormaligen Bischofsstadt Limoges. Der Hundertjährige Krieg zwischen Frankreich und England und die Pest schadeten der Entwicklung der Stadt, die sich praktisch auf ihren Kern um die Kathedrale zurückzog.

Die Kathedrale Notre-Dame geht auf eine Abteikirche der im 7. Jh. gegründeten Benediktinerabtei zurück. Abt Wilhelm begann 1003 mit ihrem Bau, es entstanden das Schiff, der Portalvorbau und das Untergeschoß des Turms. Der ursprüngliche Grundriß sah ein Mittelschiff mit Seitenschiffen, ein Querschiff mit Scheitelkapellen, einen Umgangschor mit Kapellen vor. Nur langsam ging der Bau voran, was romanische Pfeiler und Wände, aber die gotische Wölbung bezeugen. 1796 stürzte die Vierungskuppel ein, beschädigte Querschiff und Chor, die abgerissen wurden: seither wurde die Ostseite des Langhauses mit einer geraden Mauer geschlossen.

Der auf der Marke gut zu sehende 73 m hohe Glockenturm besteht aus drei Geschossen; die Turmspitze stammt aus dem 14. Jh., wurde 1645 durch Blitzschlag beschädigt und ursprungsgetreu erneuert.

Neben der Gottesmutter als Titelpatronin der Kirche wird vor allem Johannes der Täufer sehr verehrt. Seine Holzstatue aus dem 16. Jh. steht im linken Seitenschiff, und bereits seit dem 14. Jh. feiern die Einwohner von Tulle die Geburt des Heiligen (Fest 23. Juni) mit einer großen Prozession.

Wenige der jährlich Tausende von Besuchern Vézelays und seiner romanischen Basilika auf der „Colline inspirée“ verirren sich in das 2 km südlich unterhalb des Hügels gelegene Dorf Saint-Pére mit seiner gotischen Kirche, einer „Cathédrale en miniature“, wie die französische Post schreibt. Ursprünglich stand hier eine Marienkapelle, die erst zum Beginn des 16. Jh., als die alte St. Peter geweihte Kirche abgebrochen wurde, zur Pfarrkirche aufstieg. Die ersten Bauteile sollen auf das Jahr 1240 und auf die Benediktiner-Abtei von Vézelay zurückgehen; drei gotische Bauepochen lassen sich an der heutigen Kirche ablesen: aus dem 13. Jh. stammen Turm und Fassade sowie die ersten fünf Joche des Langhauses mit den Seitenschiffen; der das Markenbild beherrschende Narthex, d.h. die Vorhalle gehört zum größten Teil in das 14. Jh.; Chor und Apsiskapellen wurden im 15. Jh., allerdings unter Beibehaltung von Teilen des 13. Jh., erneuert.

Die Marke führt den Besucher vor das künstlerische Hauptstück der Kirche, das große Portal mit seinen Skulpturen, die das Jüngste Gericht darstellen. Posaune blasende Engel mit ausgebreiteten Flügeln schmücken die vier Kanten des Turms. Im Gegensatz zum reichen Schmuck der Außenseite ist das Innere der Kirche verhältnismäßig nüchtern gestaltet. Dennoch findet man hier die gleiche Schönheit und Harmonie in den Linien und Proportionen des Schiffs und des Chors. – Das Weihedatum der Kirche ist nicht bekannt, aber schon im 15. Jh. feierte man die Kirchweihe am 29. Mai. Rechts oben auf der Marke zeigt der Entwerfer das Detail einer Skulptur aus der Kirche.

GJT

Stand: 20.04.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.