St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Januar-GABRIEL 2003

Zurück

Die Päpste und die Heiligen Jahre, Teil 11

Das Heilige Jahr 1775 wurde von Clemens XIV. (Papst 1769-1774) am 30. April 1774 angekündigt, aber dieser Papst konnte es nicht mehr eröffnen, da er am 22. September 1774 starb. Das folgende Konklave zur Wahl des neuen Papstes zog sich bis Februar 1775 in die Länge, und somit konnte der neu gewählte Papst Pius VI. (Giannangelo Braschi, Papst 1775-1799) die Heilige Pforte erst am 26. Februar 1775 öffnen.

Die Kirche war in diesen Jahrzehnten in ihren Fundamenten durch die Aufklärung als neue Philosophie mit ihrem Vordenker Voltaire bedroht. Dennoch empfing der Papst während des Heiligen Jahres ihren profiliertesten deutschen Vertreter, Gotthold Ephraim Lessing, in Rom. Lessing war allerdings nicht als Pilger nach Rom gekommen, sondern als Begleiter des Prinzen Leopold von Braunschweig, der sich auf seiner Kavalierstour, der "Grand" Tour", befand. Unter den echten Pilgern waren jedoch der Kurfürst der Pfalz und später auch Bayerns, Carl Theodor, und Erzherzog Maximilian von Österreich, damals geistlicher Kurfürst von Köln, Sohn Maria Theresias und Bruder Josephs II.. Pius VI. konnte auch durch eine Reise nach Wien im Jahr 1782 die staatskirchlichen Bestrebungen Josephs II. nicht ändern. Hingegen fand er freundliche Aufnahme durch Carl Theodor in München und Clemens Wenzeslaus in Augsburg.

1800 wurde infolge der Wirren und Kriege in der Folge der Französischen Revolution kein Heiliges Jahr gefeiert. So war es dem 1799 noch lebenden Pius VI. nicht vergönnt, das Heilige Jahr auszurufen. Pius VI. hatte die Französische Revolution und in ihrer Folge die Zivilkonstitution des Klerus und die konstitutionelle Kirche verurteilt; politisch war der Kirchenstaat der ersten Koalition gegen Napoleon beigetreten, was nach deren Scheitern schließlich zum Verlust von Teilen des Kirchenstaats (z.B. Avignon) und schließlich am 15.2.1798 in Rom zur Ausrufung der Republik führte. Der Papst wurde auf Anordnung Napoleons nach Frankreich gebracht und starb als Gefangener am 29. August 1799 in Valence. Der neue Papst war auf einem Konklave in Venedig gewählt worden, doch Pius VII. (1800-1823), der am 3. Juli 1800 in Rom einzog, konnte sich nicht mehr zur Eröffnung des Heiligen Jahres entschließen.

Durch den Wiener Kongress wurde der Kirchenstaat in verkleinerter Form wiederhergestellt. Nachfolger Pius VII. wurde Leo XII. (Annibale della Genga, Papst 1823-1829), der in gewohnter Form das Heilige Jahr 1825 ausrief. Das neue Selbstverständnis des Papsttums äußerte sich auch in der Tatsache, aß der Papst barfuss die Hauptbasiliken aufsuchte, um den Bußgeist des Heiligen Jahres persönlich als Vorbild zum Ausdruck zu bringen. Die Basilika St. Paul vor den Mauern, die 1823 einem Schadenfeuer zum Opfer gefallen war, befand sich noch im Wiederaufbau, so aß die Kirche Sta. Maria in Trastevere als Ersatz-Pilgerziel dienen musste.

Politisch gesehen befand sich Europa im Zeitalter der Restauration, während dessen das "System Metternich" in enger Zusammenarbeit der konservativen Großmächte Österreich, Russland und Preußen möglichst jede politische freiheitliche Regung zu unterdrücken suchte: nach den Erfahrungen der Französischen Revolution war Ruhe die erste Bürgerpflicht.

Dies drückte sich auch in der Ewigen Stadt aus, in der Leo XII. als in seiner Eigenschaft als Souverän des Kirchenstaats auf der Piazza del Popolo zwei "Carbonari" hinrichten ließ, die als Mitglieder eines Geheimbunds für die Abschaffung der italienischen Kleinstaaten und  die Errichtung eines geeinten Nationalstaats kämpften, ein Ziel, das mit etwa 50 Jahren Verspätung erreicht werden sollte. Mit einer solchen Handlung wurde das herrschende Bild Leos XII., der auf einem schwierigen Konklave durch den Sieg der "Zelanti" (d.i. die konservative Gruppierung) über die Liberalen gewählt worden war, noch verstärkt. Andererseits erwarb er sich Verdienste in der Neuordnung kirchlicher Gebietsgrenzen (Kgr. Hannover, Großherzogtum Baden, Reorganisation der Bistümer Basel und Chur) und in der Stiftung sozialer Einrichtungen und der Förderung kultureller Belange wie Akademien, Bibliotheken, das Schulwesen usw. Nur vergleichsweise wenige Pilger kamen in diesem Heiligen Jahr aus dem Ausland nach Rom; aus Italien verdienen erwähnt zu werden die fromme Prinzessin Maria Cristina von Savoyen und der später heiliggesprochene Ordensgründer Vinzenz Palotti.

GJT

Literatur.: Werner Chrobak, Heiliges Jahr 2000, Woher - wohin?
Bruno Steiner, Lexikon der Päpste und des Papsttums, Freiburg 2001.

Stand: 20.04.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.