St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem Dezember-GABRIEL 2002

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Das Filzmooser Kindl

Filzmoos liegt im Land Salzburg, dem ehemaligen Fürsterzbistum, das erst durch den Wiener Kongress im Jahre 1816 endgültig zu Österreich kam. Kurz vor Eben im Pongau wird auf der Tauernautobahn in beiden Richtungen auf die Abfahrt zur Wallfahrtskirche Filzmoos hingewiesen. Eine gut ausgebaute Strasse führt in der Folge durch das obere Fritzbachtal auf eine Höhe von über 1.000 m. Auf der Fahrt hat man ständig den Dachstein vor Augen, gelegentlich gibt es auch einen Blick zur Bischofsmütze, und im Süden zur Rechten erstreckt sich der Rossbrand mit seinen schier endlosen Bergwäldern. Filzmoos hat sich in den letzten Jahrzehnten in einem rasanten Wachstum zum Urlaubsort entwickelt, in dem sich ein Hotel an das andere reiht und auch die nötige Infrastruktur vorhanden ist. Es ist vor allem der Wintersport, der die Menschen hierher lockt. Aber auch im Sommer ziehen die vielen Wanderwege, in einer nahezu unversehrten Landschaft, viele Urlauber an.

Filzmoos lag früher am "Ende der Welt" und hat dennoch eine bewegte Geschichte. Das Dorf war weithin bekannt, denn schon früh stand dort die Kirche, dessen Gnadenbild die Pilger von weit her anzog. An mehreren Stellen wurde Bergbau betrieben, vor allem am Rötelstein. Silber, Kupfer und Eisen hat man gewonnen, aber auch Arsen, Blei und Zink. Die letzten Schürfrechte wurden 1931 gelöscht. In Haus- und Geländenamen lebt aber die Erinnerung daran fort. Ganz schwer hat Filzmoos unter der Salzburger Protestantenvertreibung im Jahre 1732 gelitten. Christian Salchegger zählt in seinem Filzmoos-Buch 527 Vertriebene auf, das muss mehr als die Hälfte der Bewohner gewesen sein. Neben großem menschlichem Leid ist der Ort damals auch in seiner Entwicklung um Generationen zurückgefallen. Die Filzmooser haben aus ihrer Geschichte in Dingen des Glaubens, der Kultur, des nachbarlichen Zusammenlebens und der Gastfreundlichkeit vieles bis heute bewahrt. Sie werden auch in Zukunft unter dem besonderen Schutz ihres Gnadenbildes, des "Filzmooser Kindis", stehen.

Filzmoos wird 1272 erstmals urkundlich erwähnt. Vom "St. Peterskirchlein" hören wir erstmals 1453. Es war damals eine Filialkirche der mächtigen Dekanats- und Mutterpfarre Altenmarkt. 1474 weiht der Bischof von Chiemsee, Bernhard von Krayburg, den Hochaltar. Bei der Gelegenheit wird die Kirche auch mit Ablässen ausgestattet. Im Jahre 1505 erhielt die Kirche einen zweiten Seitenaltar, und nach einigen Veränderungen wird 1515 der "Freithof der Peterskirche in Viltzmos aufs Neue geweiht". 1546 wird der Turm erbaut "und die grosz glogen eingehengt", wie eine Inschrift am Eingang zum Turmhaus berichtet.

Gottesdienst wurde in dieser Kirche zunächst „unregemäßig" gehalten, später kam alle 14 Tage ein Priester aus Altenmarkt oder Radstadt, zuletzt im Sommer sogar jede Woche. Im Winter freilich waren die Filzmooser von der Außenwelt abgeschnitten, "der Weg aus und ein zu faren, reiten oder gehen viel zu grob". Und der Winter dauerte lang. Deshalb drängten die Bewohner darauf, dass Filzmoos einen eigenen Priester erhalte. Unter großen Schwierigkeiten wurde der Pfarrhof errichtet, und 1675 erhob der damalige Fürsterzbischof Max Gandolph Filzmoos zum Vikariat. Der Stiftsbrief wurde am 1. November 1679 ausgestellt. Seit dieser Zeit werden Tauf-, Trauungs- und Sterbebücher geführt.

Im Jahre 1703 erhielt die Kirche eine neue große Glocke und einen prächtigen Hochaltar, den ein wohlhabender Salzburger Bürger stiftete. 1820 stellte man eine Orgel mit vier Registern auf, die 1859 durch eine größere mit acht Registern ersetzt wurde. 1858 wurde Filzmoos durch den Fürsterzbischof und Kardinal Maximilian Josef von Tarnoczy zur Pfarre erhoben. Ein neues Geläutete wurde angeschafft, und 1878 wurde die Kirche aus Anlass des 400. Weihetages gründlich renoviert.

Ihr heutiges Aussehen erhielt die Kirche durch eine radikale Neuordnung des Kirchenraumes in den Jahren 1959 bis 1962. Die neugotischen Altäre wurden entfernt, mit ihnen eine Vielzahl von Statuen; nur die barocken Figuren der Kirchenpatrone Peter und Paul stehen heute noch im Altarraum. Auch die vielen Votivtafeln hat man aus der Kirche genommen, 32 dieser Bilder hängen heute im Pfarrhof. Die Neuordnung erfolgte nach den Plänen„des bekannten Bildhauers Jakob Adlhart, der dem spätgotischen Bau damit seine Schlichtheit und Würde zurückgeben wollte. Vor allem aber hat er das Gnadenbild - das Filzmooser Kindl" - zum beherrschenden Mittelpunkt gemacht, indem er es in einen gläsernen Schrein stellte, der von einem goldenen Strahlenkranz umgeben ist.

Das "Filzmooser Kindl" ist eine voll geschnitzte, spätgotische und farbig gefasste Holzfigur des 15. Jh., 83 cm hoch. Das Jesuskind ist stehend dargestellt, in einer eigenartig übereinander tretenden Beinstellung. Die Rechte ist segnend erhoben, in der Linken hält es eine metallene Weltkugel, welche spätmittelalterlich sein dürfte. Dem Haupt ist eine vergoldete Krone aufgesetzt, die aus der Rokokozeit stammen dürfte. Über den genauen Zeitpunkt der Krönung fehlen jegliche Nachrichten. Von der rechten Hand hängt an einer Kordel eine kleine Glocke, weshalb man auch vom "Glockenkindl" gesprochen hat. Die Glocke stammt noch aus der Zeit der Gotik und dürfte ursprünglich sein. Sie wird bereits in der Ursprungslegende erwähnt und auch im Ortswappen finden wir sie wieder. Bekleidet ist das Jesuskind stets mit einem reich gestickten Gewand, welches nach der Zeit des Jahres gewechselt wird; golden zu Weihnachten, weiß zu Ostern, rot zu Pfingsten und das Jahr über. Die heutigen "Gnadenröckl" stammen aus dem frühen 20. Jh.. Schon im Filzmooser Wallfahrtsbüchlein von 1772 beklagt Vikar Matthias Egger, "dass weder die Zeit des Ursprung, weder, was sich von selben an zugetragen, nirgendwo schriftlich verzeichnet zu erfragen". Um so lebhafter hat sich die Ursprungslegende erhalten, die der Vikar so erzählt„

Filzmos ware vor Zeiten mehr eine Vieh- als Menschen-Weyd. Zwey Schäffer-Hirten höreten in dieser Gegend einsmahls ein kleines liebliches Glöcklein. Sie gehen den Klang nach, und fanden mit Verwunderung eine geschnizte Bildnuss eines kleinen Jesus Kindl auf einem halb verfaulten Baumstock stehen; und was ihre Verwunderung in Erstaunung sezte, leitet die Bildnuss ein Glöcklein, und strecket die zwey erste Fingerlein der rechten Hand in die Höhe.

Die Begebenheit zeigten die Hirten alsobald dem Herrn Pfarrer zu Altenmarkt, als ihren damahligen unmittlbaren Seelsorger an. Der Augenschein wurde vorgenommen, die Bildnuss gefunden, erhebt, und nach Altenmarckt überbracht. Selbe Nacht gienge diese Bildnuß wieder verlohren, und wurde auf Nachforschen abermahl an jenem Ort angetroffen, wo selbe vorher von denen Hirten ist ersehen worden. Hierauf wurde dieses Christ-Kindlein das zweyte mal erhebt, und in das einen halben Büchsen-Schuß entlegene St. Peters Kirchlein übersetzet; allwo es bis heutigen Tag verblieben, und sich gegen die Menschen gnadenreich, ja wundertätig erwiesen.

Die Verehrung des Kindls ist bereits im späten 15. Jahrhundert verbürgt. Im Jahre 1507 wird der zuständige Seelsorger als "Grationarius" (Priester der Gnadenkirche) bezeichnet. Vom Filzmoosen Vikar Johann Baptist Nader stammt eine umfangreiche Sammlung kunstvoller lateinischer Epigramme, Distichen und Hymnen auf das "Lieb- und gnadenreiche Jesus-Hündlein". Sie trägt die Jahreszahl 1718, ist aber leider nicht im Druck erschienen. Ab 1705 sind dann zahlreiche Gebetserhörungen und Gnadenerweise aufgezeichnet und auf Votivtafeln festgehalten worden. Die Menschen, die oft von weit her zum Kindl pilgerten, wollten vor allem danken, nachdem sie sich in einer Not "zum Kindl verlobt" und Hilfe erfahren hatten. Alle denkbaren Nöte werden genannt: Unglück in Haus und Stall, Todesgefahren, Kopfschmerzen, Epilepsie, Arbeitsunfälle auch Wahnsinn und rätselhafte Krankheiten, Erblindung, schwere Geburt, Unwetter und Hochwasser, Krankheiten und Unfälle von Kindern, Lawinenunglücke, auch die Pest.

Die Verehrer des Filzmoosen Gnadenkindes kamen aber auch im 19. Jh. noch zahlreich aus der näheren und weiteren Umgebung. Das belegen die vielen Votivbilder. Heute ist man von den früher häufigen Bittgängen und Prozessionen abgekommen. Dafür sind neue Formen entstanden: Pfarr- und Familienwallfahrten, der Dekanatsbittgang und Fußwallfahrten. Es kommen Seniorengruppen und Kirchenchöre, Firmgruppen und Einzelpilger. Bei alldem ist Filzmoos ein ruhiger und bescheidener Wallfahrtsort geblieben. Wer besinnlich die Kirche betritt, der spürt geradezu den Hauch eines halben Jahrtausends, in dem die Menschen hierher pilgerten. Dass es nicht wenige waren, verrät die tief ausgetretene Türschwelle am Kircheneingang.

Stand: 20.04.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.