St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem September-GABRIEL 2002

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Die Päpste und die Heiligen Jahre, Teil 9

Das Heilige  Jahr 1625 stand unter dem Schatten des Dreißigjährigen Krieges, der 1618 begonnen hatte. Die Protagonisten beider Seiten waren zu dieser Zeit König  Christian IV. von Dänemark und Kaiser Ferdinand II. (1619-1637), der die katholischen Kräfte in der "Liga" sammelte. Papst Urban VIII. (Maffeo Barberini, Papst 1623-1644) war dennoch nicht ein bedingungsloser Parteigänger der Liga, sondern steuerte zum Teil im Bündnis mit dem französischen Kardinal Richelieu (Frankreich Mi 1726) eine antihabsburgische Politik, auch  um den Bestand des Kirchenstaats zu sichern.

1625 war das Todesjahr des englischen Königs Jakob  I., des Sohns der Maria Stuart, der die gegensätzlichen Strömungen auf der britischen Insel einigermaßen ausgleichen konnte.

In Rom konnten die Pilger die nun fast vollendete Petersbasilika bewundern, der der  Baumeister Carlo Maderno 1612 die gewaltige Vorhalle hinzugefügt hatte (Marke Vatikan Mi 199). Die feierliche Einweihung der Peterskirche erfolgte allerdings erst nach dem Abschluss des Heiligen Jahres, am 18. November 1626. Unter Urban  VIII. wurde auch der gewaltige Baldachin unter der Kuppel und die Kathedra Petri, beide von Bernini entworfen, fertig gestellt (Vatikan Mi 200, 526).

Mit dem  Westfälischen Frieden von 1648 hatte der Dreißigjährige Krieg schließlich  sein Ende gefunden und die Friedensverträge von Münster und Osnabrück sollten  praktisch bis zum Ende des Alten Reiches dessen Grundgesetz darstellen.

Dennoch  stand auch das Heilige Jahr 1650 im Zeichen eines Krieges: des spanisch-französischen Krieges, für den die kriegführenden Mächte selbst unter den Pilgern um Söldner warben, was zu Tumulten auf dem Petersplatz führen sollte.

Der Papst  dieses Jubiläumsjahres war Innozenz X. (Giovanni Battista Pamphili,  Papst 1644-1655).


Die  erlauchten Gäste aus den verschiedenen Herrscherhäusern Europas fehlten auch in diesem Heiligen Jahr nicht unter den Pilgern. Der Botschafter des spanischen Königs Philipp IV. zog mit einem Gefolge von 160 Kutschen am 20. Januar zur päpstlichen Audienz in den Vatikan, auch protestantische Adlige wie Herzog Johann Friedrich  von Braunschweig und Graf Christoph von Rantzau kamen nach Rom, ebenso wie die Söhne des Großherzogs von Toskana und Prinzessin Margarethe von Savoyen.

Mit dem  französischen "Sonnenkönig" Ludwig XIV. (Alleinregierung 1661 bis 1715,  Marke Frankreich Mi 1727) und Kaiser Leopold I. (1658-1705) hatten zwei profilierte Personen des Absolutismus die politische Bühne Europas betreten.  Eine andere Mitspielerin im Konzert der europäischen Mächte, die schwedische Königin  Christine (1632-1654), die einzige Tochter Gustav Adolfs und Herrscherin  Schwedens zur Zeit des Westfälischen Friedens (s. GABRIEL 1998, S. 206-09, Marke Schweden Mi 2049), war nach ihrem Thronverzicht 1655 in Innsbruck zum  katholischen Glauben übergetreten. Sie trat im Heiligen Jahr 1675 als eine der Hauptfiguren in Rom auf, nachdem ihr bereits zum Einzug in Rom 1655 durch die von Bernini zu diesem Anlass umgebaute Porta del Popolo ein großer Empfang  bereitet worden war.

Der Papst  dieses Heiligen Jahres 1675 war Clemens X. (Emilio Altieri, Papst 1670-1676); in seine Pontifikatszeit fiel der Streit mit Ludwig XIV. wegen  dessen Streben nach einer größeren Unabhängigkeit der französischen Kirche von Rom (dem Regalien-Streit), was letztlich eine noch größere Abhängigkeit der französischen Bischöfe von ihrem König zur Folge gehabt hätte.

Im Heiligen  Jahr 1675 konnten die Rompilger auch endlich die Fertigstellung des Platzes vor  St. Peter mit den Kolonnaden des Bernini erleben; der Petersplatz erhielt damit  seine heutige Gestalt, und die von Bernini klug ersonnene Konstruktion gab der Petersbasilika den noch fehlenden monumentalen Rahmen (Vatikan Mi 179, 201, 1043-45).

Der  Papst des Heiligen Jahres 1700 war Innozenz XII. (Antonio Pignatelli,  Papst 1691-1700), der wegen altersbedingter Kränklichkeit schon die Hoffnung  der Heiligen Pforte Kardinal de la Tour überlassen musste und vor dem Ende des Heiligen Jahres am 27. September verstarb. Innozenz XII. war 1668-71 päpstlicher  Nuntius in Wien, übrigens der einzige Wiener Nuntius, der Papst wurde.


Die Zeit zwischen 1675 und 1700 hatte die Bedrohung Wiens und damit der christlichen Staaten durch die Türken gesehen, die mit der Schlacht am Kahlenberg vor Wien  am 12.9.1683 (Österreich Mi 1750), bei der auf christlicher Seite König Jan  Sobieski von Polen einen entscheidenden Anteil hatte, endgültig beseitigt  worden war.

Sobieskis  Witwe, Maria Casimira (1639-1715) war eine vielbeachtete Teilnehmerin an den  Feierlichkeiten des Heiligen Jahres 1700. Ansonsten hielten sich die Pilgerströme  in Grenzen, zumal Ludwig XIV. aus absolutistisch-staatskirchlichem Denken seinen Untertanen die Wallfahrt nach Rom untersagte. Dies war um so erstaunlicher, als  der Regalienstreit unter dem Pontifikat Innozenz XII. beigelegt werden  konnte.

Innozenz XII. war ein Papst der Reformen, sowohl im Innern des Kirchenstaats, in dem er  den päpstlichen Nepotismus bekämpfte, wie auch nach außen, z.B. 1695 durch das Verbot der in der deutschen Kirche verbreiteten Wahlkapitulationen bei Bischofs- und Abtswahlen, d.h. das Verbot, den Kandidaten materielle oder politische Zugeständnisse als Bedingung ihrer Wahl aufzuzwingen.

GJT

Stand: 20.04.2006        © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.